Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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24.11.2003

"Inakzeptabel", "gefaehrlich", "unsinnig": Reaktionen auf Embryonen-Entscheidung

Berlin (ALfA). Die Entscheidung des Europaeischen Parlaments zur EU-Foerderung von verbrauchender Embryonenforschung ist auf heftige Kritik gestoßen. "Das Europaeische Parlament hat heute eine große Chance leichtfertig vertan", erklaerte die Vorsitzende des Bundesverband Lebensrecht (BVL), Claudia Kaminski, in einer Mitteilung an die Presse (19. November). Statt der Foerderung der Toetung von Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen aus Mitteln des Sechsten EU-Forschungsrahmenprogramms eine klare Absage zu erteilen, habe das Parlament mehrheitlich, wenn auch nur knapp, ein "ethisch inakzeptables, gesundheitspolitisch gefaehrliches und forschungspolitisch unsinniges Votum" gefaellt, so Kaminski. Menschliches Leben zu toeten, um andere Menschen zu heilen, bleibe moralisch verwerflich. "Leben laeßt sich nicht gegen Leben aufrechnen", haelt Kaminski fest. Insofern habe das Parlament, das mehrheitlich dem Votum des Industrieausschusses statt dem des Rechtsausschusses gefolgt sei, der bisweilen geaeußerten Kritik, die Europaeische Union sei vor allem eine Wirtschafts- und weniger eine Wertegemeinschaft, neue Nahrung gegeben. Immerhin, erkennt die BVL-Vorsitzende an, habe das Parlament bekraeftigt, daß die Foerderung der "ethisch unbedenklichen adulten Stammzellforschung gegenueber der embryonalen Stammzellforschung Prioritaet haben muesse." Da Wissenschaftler inzwischen nachgewiesen haetten, daß embryonale Stammzellen ein hundertprozentiges Tumorrisiko bergen, waere es auch aus gesundheitspolitischen Gruenden konsequent gewesen, auf die Foerderung embryonaler Stammzellforschung zu verzichten und stattdessen ganz auf die Forschung mit adulten Stammzellen zu setzen, mit denen es zahlreiche Heilungserfolge gebe, so Kaminski weiter. Der BVL fordert die Bundesregierung auf, dafuer zu sorgen, daß der letztlich entscheidende EU-Ministerrat keine Entscheidung faellt, die gegen die Bestimmungen des deutschen Embryonenschutzgesetzes verstoßen.

Unterdessen hat der Staatssekretaer im Berliner Bundesforschungsministerium, Wolf-Michael Catenhusen (SPD), betont, seine Regierung wolle jetzt in Bruessel fuer einen Kompromiss werben. Das meldet der katholische Nachrichtendienst "kath.net" (20. November). Dieser Kompromiss sehe vor, daß die Forschung an Embryonen mit EU-Mitteln gefoerdert werden koenne, sofern diese dabei nicht getoetet wuerden, so Catenhusen. Wenn es um Projekte gehe, bei denen Embryonen zerstoert werden, solle diese "heikle Frage" der nationalen Forschungsfoerderung vorbehalten bleiben. Vorrangig sei fuer die Bundesregierung bei der Entscheidung der EU-Forschungsminister aber, daß das derzeit geltende Moratorium fuer die EU-Foerderung der Embryonenforschung fortgesetzt werde. Die Frage sei, ob es "Respekt und Zurueckhaltung" bei Fragen gebe, wo tiefgreifende Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten herrschten, oder ob die EU "de facto zum Vorreiter" fuer niedrige ethische Standards werden wolle, so der SPD-Politiker weiter. "Das waere aus deutscher Sicht sehr problematisch", zitiert "kath.net" Catenhusen. Deutschland stehe nicht allein und werde voraussichtlich ausreichend Verbuendete finden, um eine Annahme des EU-Kommissionsvorschlags zur Foerderung der Embryonenforschung zu verhindern. "Aber wir haben keine Chance, die Mehrheit zu bekommen", so der Staatssekretaer. Das Kunststueck bestehe jetzt darin, aus der Minderheitenposition Erfolge zu erzielen.

Als einen "Pyrrhussieg" hat der Berichterstatter des Europaeischen Parlaments, der CDU-Politiker Peter Liese, die Abstimmung im Europaeischen Parlament bezeichnet. In einer Mitteilung an die Presse (19. November) heißt es, die Aenderungsantraege, die die Forschung mit embryonalen Stammzellen ganz ausschließen oder wie in Deutschland nur auf bestehende embryonale Stammzelllinien begrenzen wollten, seien insbesondere deshalb abgelehnt worden, da zwar alle CDU/CSU-Mitglieder im europaeischen Parlament dafuer gestimmt haetten, die Christdemokratische Fraktion jedoch dieser Linie nicht geschlossen gefolgt waere, und die Sozialdemokraten, darunter auch viele deutsche, sich energisch dagegen ausgesprochen haetten. "Ich bin sehr enttaeuscht ueber das Ergebnis der Abstimmung", so Liese. Diesem Vorschlag des Parlaments koenne weder die Bundesregierung, noch die anderen kritischen Regierungen im Ministerrat zustimmen. "Das Parlament hat die Chance verpaßt, Forschung einen klaren ethischen Rahmen zugeben."

Auch zahlreiche CDU-Bundestagsabgeordnete zeigten sich enttaeuscht vom Abstimmungsverhalten der Europaparlamentarier. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Boehmer bedauerte in einer Pressemitteilung (19. November) die Entscheidung. "Wuerde die Entscheidung des Europaeischen Parlaments Gemeinschaftsrecht, waere dies der erste Schritt zu einer Kommerzialisierung menschlichen Lebens", erklaerte Boehmer. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion in der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", Thomas Rachel, sagte in einer Pressemitteilung (19. November), bei dieser Entscheidung fehle es an Respekt vor menschlichem Leben. "Verbrauchende Embryonenforschung fuehrt zu einer Herabstufung von menschlichem Leben zu Material und ist deshalb abzulehnen." Ebenso wie Rachel bezeichneten es auch die CDU-Politiker Hubert Hueppe und Julia Kloeckner als besonders verhaengnisvoll, daß gerade ein großer Teil der deutschen SPD-Europaabgeordneten durch ihr Abstimmungsverhalten mit verantwortlich fuer diesen "bioethischen Tiefpunkt fuer Europa" sei, so Hueppe in einer Mitteilung an die Presse (19. November).

Begrueßt hat dagegen die FDP-Politikerin Ulrike Flach die Entscheidung des Parlaments. "Heute ist ein guter Tag fuer die Forschung", erklaerte sie auf der Internetseite der FDP. Die deutliche Entscheidung des EU-Parlaments bestaetige die Auffassung der FDP voll und ganz. Nun muesse die deutsche Stichtagsregelung im Stammzellgesetz auf den Pruefstand. "Es kann nicht sein, daß der europaeische Forschungsraum durch die Blockadepolitik einzelner Mitglieder Makulatur wird", so Flach.

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