Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

Nächste Meldung · Vorige Meldung · Zur Übersicht

17.06.2006

Reaktionen auf Europaparlaments-Beschluss: Breite Ablehnung auf deutscher Seite

Strassburg /Berlin (ALfA). Der Beschluss des Europaparlaments ueber die Foerderung der verbrauchenden Embryonenforschung mit EU-Mitteln sorgte nach Auswertung der umfassenden Medienberichterstattung ueberwiegend fuer Bestuerzung und breite Ablehnung.

Fuer den Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Bioethik der groessten Fraktion im Europaeischen Parlament (EVP-ED), Dr. med. Peter Liese, ist das Votum des Plenums „eine grosse Enttaeuschung.“ In einer Pressemitteilung vom 15.Juni kritisierte er, leider habe die Mehrheit seiner Kollegen die Ansicht vertreten, dass die Gesetzgebung in Deutschland und neun weiteren Mitgliedstaaten die verbrauchende Embryonenforschung verbietet, fuer die Entscheidungen ueber die Finanzierung in Europa nicht relevant sind. „Ich glaube, dass dieser Beschluss des Plenums von der deutschen Bundesregierung und von den anderen Regierungen wie Polen, Oesterreich, Slowakei, Luxemburg und Malta, die gegen die Foerderung verbrauchendes Embryonenforschung aus dem siebten Rahmenprogramm sind, nicht akzeptiert werden kann, sodass der Ministerrat zu einem anderen Ergebnis kommen wird. In zweiter Lesung ist dann eine qualifizierte Mehrheit erforderlich. Von dieser sind die Vertreter der verbrauchenden Embryonenforschung weit entfernt", erklaerte Dr. Liese. Der Beschluss des Plenums verschlechtere sogar den Kommissionsvorschlag, da durch eine enthaltene Revisionsklausel in der zweiten Haelfte des siebten Rahmenprogramms (2010-2013) sogar die Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken moeglich waere, so der EU-Abgeordnete.

Auch Hiltrud Breyer, deutsche Europa-Abgeordnete von Buendnis 90/Die Gruenen und Vorsitzende der Bioethik-Intergruppe im Europaeischen Parlament uebte in einer Pressemitteilung heftige Kritik. Sie nannte die Entscheidung des Europaeischen Parlaments in erster Lesung „ein Desaster“. Dem Parlament sei es nicht gelungen, der EU-Kommission klare ethische Schranken fuer die Forschungspolitik zu setzen. Das knappe Abstimmungsergebnis mache jedoch Hoffnung, diese Abstimmung im Rat und in der zweiten Lesung korrigieren zu koennen. Mit einer Forschungsfoerderung der embryonalen Stammzellfoerderung koenne das Vertrauen in die Europaeische Union untergraben werden, wenn sie so offensichtlich Werte wie Menschenwuerde und Menschenrechte wirtschaftlichen Interessen unterordnet, kritisierte Breyer. Die deutsche Bundesregierung muesse im Ministerrat mit aller Vehemenz deutlich machen, „dass es einen Widerspruch zum Subsidiaritaetsprinzip darstellt und sehr problematisch ist, eine derart ethisch hoch brisante Forschungsfoerderung mitzufinanzieren, die nicht mit der deutschen Rechtslage in Einklang steht.“ Sollte es zu keiner Korrektur kommen, muesse ueberlegt werden, ob nicht gegen die EU-Forschungsfoerderung fuer ethisch kontroverse Forschungsbereiche alle rechtlichen Mittel ausgeschoepft werden sollen, so Breyer.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan bedauerte ebenfalls die Entscheidung des Europaparlaments. Am 15. Juni sagte sie in Berlin laut einer Pressemitteilung ihres Ministeriums: "Wir lehnen die Foerderung verbrauchender Embryonenforschung und Anreize fuer die Toetung von Embryonen ab. Deutschland hat mit seiner Stichtagsregelung eine klare Position, die von einer ueberwaeltigenden Mehrheit des Bundestags getragen wird. Wir plaedieren fuer eine Stichtagsregelung auch auf europaeischer Ebene. Wir werden den neuen Vorschlag der EU-Kommission Ende Juni genau pruefen und uns mit den anderen Laendern darueber beraten."

Anders sieht dies Ulrike Flach, Bundestagsabgeordnete und forschungspolitische Sprecherin der FDP in einer Pressemitteilung. Ihrer Ansicht nach habe sich Europa „zu einer praktikablen und zukunftsweisenden Loesung“ durchgerungen. „Es ist gut, dass die forschungsfeindliche Einstellung der Deutschen keine Mehrheit gefunden hat. Dies gilt vor allem in Bezug auf die von Konservativen und Gruenen angestrebte Uebernahme des deutschen Stichtagsmodells. Das Europaparlament hat damit den Weg frei gehalten fuer eine Forschungsdisziplin, die uns in mittlerer Frist Heilungschancen fuer schwere Krankheiten eroeffnen kann. Gleichzeitig wurde der Forschungsstandort Europa gesichert - der Versuch, uns von der internationalen Entwicklung abzukoppeln, ist gruendlich misslungen.“ Berichten zufolge haben die Europaabgeordneten der FDP geschlossen fuer die Foerderung verbrauchender Embryonenforschung gestimmt.

Heftige Kritik kam am Beschluss auch von der Deutschen Bischofskonferenz. Fuer die Bischoefe ist es „eine schwere Niederlage und ein verheerendes Signal fuer den Embryonenschutz in Europa, ja auch fuer die Wahrung der Menschenrechte.“ Sie appellierten in einer Pressemitteilung an alle Mitglieder des Ministerrates, die Foerderung "verbrauchender" Embryonenforschung abzulehnen. Die deutsche Bundesregierung fordern sie auf, dem 7. Forschungsrahmenprogramm nur zuzustimmen, wenn es einen umfassenden Schutz menschlicher Embryonen sicherstellt.


Weitere Pressekommentare:

Die Allesfoerderer der EU
Kommentar Alois Berger
Wozu brauchen wir Europa? Ganz sicher nicht, damit es die umstrittene Embryonenforschung foerdert. Genau BERLINER ZEITUNG 16.06.06 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/meinun g/559717.html

Europaparlament stimmt fuer Embryonen-Forschung Strassburg - Das Europaparlament hat sich gegen Widerstand vor allem von Christdemokraten und Gruenen fuer die Foerderung der embryonalen Stammzellforschung mit EU-Geldern ausgesprochen.
BERLINER MORGENPOST 16.06.06
Anm.: Hier gibt es genaue Zahlen zum Abstimmungsergebnis nach Fraktionen!
http://morgenpost.berlin1.de/content/2006/06/16/po litik/835559.html

Bruesseler Paradoxien
EU-Parlament will Stammzellforschung weiter oeffentlich foerdern Kommentar Daniela Weingaertner Nicht zum ersten Mal hat sich das Europaparlament an der Frage entzweit, ob mit embryonalen Stammzellen geforscht werden darf, ob Ethik oder Forscherdrang Vorrang haben soll.
TAZ 16.06.06
http://www.taz.de/pt/2006/06/16/a0206.1/text

Es darf geforscht werden
Das EU-Parlament hat am Donnerstag fuer die Forschungsfoerderung bei embryonalen Stammzellen gestimmt. Die eigentliche Summe - 50 Millionen Euro - ist laecherlich gering, das Ergebnis jedoch ein Sieg in Sachen Symbolpolitik.
Ein Kommentar von Ulrich Bahnsen
ZEIT online 15.06.06
http://www.zeit.de/online/2006/25/stammzellforschu ng-europa

Nächste Meldung · Vorige Meldung · Zur Übersicht


Die Meldungen sind teilweise Pressemitteilungen und Newslettern von Partnerorganisationen entnommen. Das Meldungs-Datum bezeichnet den Tag der Aufnahme auf diese Webseite.