Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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18.04.2005

Wir brauchen eine Revolution der Herzen

Statement zum Lebensrecht des TCLG-Vorsitzenden

Anlässlich der Verleihung des Walter-Künneth-Preises an Bischof em. Oskar Sakrausky hat Hartmut Steeb bei einer Podiumsdiskussion ein aktuelles Statement zu Fragen des Lebensrechts gegeben. Die Verleihung fand am 17.4. 05 in Neuendettelsau statt.

"Im nahezu grenzenlos gewordenen Europa sind nicht nur wirtschaftliche sondern auch ethische Fragen auch im internationalen Kontext zu sehen. Dabei wird man im Blick auf die uns heute betreffenden Fragen nach der Würde des Menschen und dem uneingeschränkten Lebensrecht jedes Menschen die Sorge nicht los, dass nicht nur die geografischen und nationalen Grenzen schwinden. Uns entschwindet auch die ethische Grundorientierung im Blick auf Recht und Unrecht. Es gilt zwar noch die Grundübereinstimmung in der Vorstellung, dass unsere Staaten demokratisch regiert werden müssen. Aber es muss doch auch noch die Frage nach der Wahrheit geben, jener Wahrheit, die nicht von einer Mehrheit außer Kraft gesetzt werden kann.

Ich bin davon überzeugt, dass es in unserer Zeit und in den nächsten Jahren gerade darum gehen wird: Ist der einzig verbindliche Wert die Bestimmung durch die Mehrheit?

3 Meldungen der letzten Tage erreichten mich gestern, die Schlaglichter auf den Kontext werfen, in dem wir uns befinden:

1. Die gute Nachricht: Aktive Sterbehilfe bleibt in Frankreich gesetzlich verboten

Nach einer langwierigen Debatte hat das franzoesische Parlament eine Neuregelung der Sterbehilfe in Frankreich verabschiedet, die ein „Recht zum Sterben lassen” festschreibt. Danach bleibt aber aktive Sterbehilfe, d.h. die Toetung auf Verlangen, in Frankreich verboten – übrigens zum Beispiel im Unterschied zu unserem Nachbarland Schweiz. Dorthin gibt es schon touristische Sterbereisen!
Die Senatoren der Sozialistischen und Kommunistischen Partei, aber auch der liberalen UDF, wollten das "Recht auf aktive Sterbehilfe" im neuen Gesetz verankern. Dagegen hat sich der Gesundheitsminister und Arzt Philippe Douste-Blazy gestellt. Solange er Minister sei werde in Frankreich die "Toetung auf Verlangen" nicht legalisiert. "Wuerdiges Sterben" sei "auch ohne aktive Sterbehilfe moeglich".

2. Die bedenkliche Nachricht: Belgische Aerzte fuer Toetung schwerkranker Kinder

Die meisten KinderAerzte im belgischen Flandern befuerworten die Legalisierung toedlicher Medikamente zur Sterbehilfe bei einigen schwerkranken Babys und Kleinkindern.

Wissenschaftler der Freien Universitaet Bruessel analysierten die Todesscheine aller Neugeborenen und Kinder in ganz Flandern, die zwischen August 1999 und Juli 2000 gestorben waren. Dem Tod voraus ging in 57 Prozent der Fälle eine Entscheidung zur sogenannten Sterbehilfe. Dies bedeutet den Abbruch oder das Vorenthalten einer Behandlung, das Verabreichen von potenziell lebensverkuerzenden Schmerzmedikamenten oder die Gabe von Medikamenten mit der Intention, das Leben des Patienten zu verkuerzen.

95 von 121 befragten Aerzten waren der Meinung, dass es manchmal auch zur Erfuellung ihrer Pflicht gehoere, unnoetiges Leiden durch eine Beschleunigung des Todes zu verhindern. Die Hauptgruende fuer eine Verkuerzung des Lebens der Neugeborenen sind das Fehlen reeller Ueberlebenschancen und, wenn das Baby ueberlebte, eine zu erwartende sehr niedrige Lebensqualitaet.“

3. Die tödliche Nachricht: Schneller sterben in Belgien: "Euthanasie-Kit" in Apotheken jetzt vorraetig

In Belgien gibt es einen weiteren „Fortschritt“ in Sachen Sterbehilfe: Wie der belgische Rundfunk am 15. April meldete, ist in belgischen Apotheken ab sofort ein Medikamenten-Set fuer aktive Sterbehilfe erhaeltlich. Bislang seien Praeparate zur gezielten Lebensverkuerzung nicht bevorratet worden. Dadurch sei es fuer unheilbar kranke Patienten und Aerzte zu langen Wartezeiten gekommen. Demgegenueber koennen Apotheken die benoetigten Wirkstoffe jetzt innerhalb von 24 Stunden liefern.

Man könnte die Liste lange weiterführen.
Klar ist: Es ist nicht mehr klar, was die im Grundgesetz geschützte Würde des Menschen bedeutet, am Anfang und Ende des Lebens. Klar ist: Wer an einer Stelle die Würde des Menschen in Frage stellt, der kippt die Würde des Menschen, die doch die Perle des Rechtsstaates ist, aus. Wir haben uns leider daran gewöhnt, dass in unserem Land und in Europa jährlich Hunderttausende von Kindern bereits im Mutterleib getötet werden. Der verstorbene Papst hat diesen Zustand zurecht als eine Kultur des Todes bezeichnet.

Klar ist: Diese Situation bedeutet auch die Kapitulation des Rechtsstaates. Unser System ist so angelegt, dass wir längst eine Diktatur der Geborenen gegenüber den Ungeborenen haben. Das, was als sicherster Ort für ein beginnendes menschliches Leben gedacht ist, der Leib der Mutter, ist zum gefährlichsten Aufenthaltsort geworden. Das Todesrisiko liegt vermutlich schon nahe bei 30%. Ist die Mutter minderjährig liegt die Wahrscheinlichkeit der Tötung im Mutterleib schon bei über 50%.

Klar ist: Was lange niemand wahrhaben wollte – und deshalb nannte ich diese Beispiele aus der vergangenen Woche aus unseren Nachbarländern – wird wahr: Wer konsequenten Lebensschutz am Anfang des Menschseins versagt, versagt auch den Schutz des Lebens am Ende. Der Legalisierung der Kindestötung im Mutterleib folgt die Rechtfertigung für die Euthanasie. Ihr folgt die menschliche Ausbeutung – befruchteter Eizellen, Eizellenkauf von armen Frauen, Organhandel, Menschenproduktion zu Forschungs- und Wohltätigkeitszwecken.

Klar ist: Wir sind dabei uns von der objektiven für alle gleichen Würde des Menschen zu verabschieden. Sie wird dann nur noch in Anspruch genommen werden dürfen von den Geborenen gegenüber den Ungeborenen, von den Starken gegenüber den Schwachen, von den Gesunden gegenüber den Kranken und Behinderten, von den Jüngeren und Arbeitsfähigen gegenüber den Alten, Pflegebedürftigen und Sterbenden.

Dahin werden wir kommen, wenn nicht bald eine Revolution der Herzen geschieht."

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