Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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16.04.2005

Gerade noch verhindert: Aktive Sterbehilfe bleibt in Frankreich gesetzlich verboten

Gesundheitsminister lehnt aktive Sterbehilfe ab

Paris (ALfA) Nach einer langwierigen Debatte hat das franzoesische Parlament eine Neuregelung der Sterbehilfe in Frankreich verabschiedet, die ein „Recht zum Sterben lassen” festschreibt. Dies melden die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sowie „Die Welt“ in den Onlineausgaben vom 14. April. Nach der Nationalversammlung habe in der Nacht zu Mittwoch auch der Pariser Senat das Gesetz gebilligt. Es kann damit in Kraft treten.

Demnach bleibt aktive Sterbehilfe, d.h. die Toetung auf Verlangen, in Frankreich verboten. Entscheidungen zur passiven Sterbehilfe koennen dagegen nach Beratungen mit den Angehoerigen von mindestens zwei Aerzten demnaechst gemeinsam getroffen werden. Der „Welt“ zufolge bedeutet dies, sollte der Kranke nicht mehr in der Lage sein, seinen Willen zu aeussern, muss der Arzt die Meinung eines Kollegen einholen, bevor er sich zur passiven Sterbehilfe entschliesst. Darueber hinaus verpflichte das neue Gesetz die Aerzte, zuvor die Vertrauensperson und die Familie des Patienten anzuhoeren oder die Patientenverfuegung zu befolgen. Diese darf zur Gueltigkeit nicht aelter als drei Jahre sein. Falls der Todkranke bei Bewusstsein aber noch nicht im Todeskampf sein sollte, muss der Mediziner die Ansicht eines zweiten Kollegen einholen und nach einer "vernuenftigen Denkpause" den Patienten erneut nach seinem Willen fragen. Gehe das Leben des unheilbaren Patienten aber zu Ende, sollte der Arzt dessen Willen respektieren, nachdem er diesen ueber die Konsequenzen der Einstellung von lebensverlaengernden Massnahmen und der Anwendung von schmerzlindernden Mitteln informiert hat.

Durch das neue Gesetz werden ausserdem die Krankenhaeuser kuenftig verpflichtet, genuegend Betten fuer sterbenskranke Patienten zur Verfuegung zu halten, so das Blatt weiter. Rund 70 Prozent der Todkranken sterben laut der „Welt“ in Frankreich in Krankenhaeusern oder Heimen.

Die vorangegangene Debatte zur Neuregelung der Sterbehilfe war im September 2003 entfacht worden, nachdem der nach einem Unfall querschnittgelaehmte, stumme und fast blinde 22-Jaehrige Vincent Humbert von Frankreichs Staatschef Jacques Chirac das Recht zum Sterben erbeten hatte. Seine Mutter hatte ihrem schwerbehinderten Sohn schliesslich starke Narkosemittel verabreicht. Als Chefarzt Frédéric Chaussoy die lebenserhaltenden Geraete ausschaltete, trat der Tod ein. Gegen Chaussoy und Marie Humbert laufen Ermittlungsverfahren. In Frankreich schalten Mediziner laut einem Bericht der „tageszeitung taz“ vom 14.April jaehrlich an die 150.000-mal lebenserhaltende Maschinen ab, wobei es fuer die meisten dieser Faelle bislang keinen klaren rechtlichen Rahmen gebe.

Wie die „Welt“ berichtete kam es im Senat zu kontroversen Debatten, waehrend die Verabschiedung in der Nationalversammlung noch einstimmig war. Durch den Schiavo-Fall inspiriert, haetten die Senatoren der Sozialistischen und Kommunistischen Partei, aber auch der liberalen UDF zusaetzlich das "Recht auf aktive Sterbehilfe" im neuen Gesetz verankern wollen. Dagegen habe sich Gesundheitsminister und Arzt Philippe Douste-Blazy gestellt. Solange er Minister sei, sagte er der Welt zufolge, werde in Frankreich die "Toetung auf Verlangen" nicht legalisiert. "Wuerdiges Sterben" sei "auch ohne aktive Sterbehilfe moeglich".

Dieser Ansicht haetten sich auch die Senatoren der Regierungspartei UMP angeschlossen, die mit ihren Stimmen den urspruenglichen Gesetzestext verabschiedeten. Somit bleibt in Frankreich aktive Sterbehilfe weiterhin eine Straftat.

Die Deutsche Hospiz Stiftung nahm diese Gesetzentscheidung mit Erleichterung auf. Damit aber die passive Sterbehilfe nicht zum Einfallstor fuer die aktive Sterbehilfe werde, sei eine Staerkung der Patientenrechte, der Vorsorgedokumente und eine bessere Versorgung der Schwerstkranken dringend erforderlich. "Passive Sterbehilfe ist nur dann im Sinne des Patienten, wenn er dies selbst erklaert hat oder er seinen Willen in einer Patientenverfuegung schriftlich dokumentiert hat", machte Eugen Brysch, Geschaeftsfuehrender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung deutlich. "Es darf nicht sein, dass andere aufgrund von Mutmassungen oder gesellschaftlichen Normen ueber Leben und Tod eines Menschen entscheiden koennen." In Deutschland ist die passive Sterbehilfe auf Wunsch des Patienten, beispielsweise der Abbruch der kuenstlichen Ernaehrung oder das Abschalten eines Beatmungsgeraetes, seit Jahren erlaubt.


Weitere Informationen:

Der Gesetzestext und weitere Dokumente in franzoesischer Sprache :
http://www.senat.fr/dossierleg/ppl04-090.html

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