Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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08.11.2004

"Katastrophe": Zypries legt Gesetzentwurf zu Patientenverfuegungen vor

Berlin (ALfA). Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat einen Gesetzentwurf zu Patientenverfuegungen vorgestellt, nach dem kuenftig Patienten, auch wenn sie nicht toedlich erkrankt sind, ein Recht auf Abbruch lebensverlaengernder Massnahmen haben sollen. Das melden die Nachrichtenagentur "Reuters", das ZDF sowie "Yahoo!Nachrichten" (5. November). So solle nach dem Gesetzentwurf, der am 5. November in Berlin vorgestellt wurde, das sogenannte Patienten-Testament etwa auch bei Demenzkranken und Wachkoma-Patienten gelten. Dabei koenne die Patientenverfuegung sowohl schriftlich verfasst als auch muendlich geaeussert werden. In dem Gesetzentwurf werde daneben auch geregelt, dass Bevollmaechtigte, die von einem Betroffenen berufen wurden, den Willen eines todkranken Patienten gegen die Meinung des Arztes durchsetzen koennen. Nach dem Willen der Ministerin solle der Entwurf im Maerz 2005 ins Kabinett eingebracht werden und 2006 als Gesetz in Kraft treten.

Unterdessen ist der Gesetzentwurf auf breite Kritik gestossen. Der SPD-Politiker Wolfgang Wodarg nannte laut ZDF-Bericht den Entwurf eine "Katastrophe". Eugen Brysch von der Deutschen Hospiz Stiftung warnte, dass muendliche Erklaerungen die "enorme Gefahr" bergen wuerden, "falsch verstanden oder falsch wiedergegeben zu werden", zitiert das ZDF Brysch.

Thomas Rachel (CDU), Sprecher der Unionsfraktion in der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", erklaerte gegenueber der Presse (5. November), der Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin verzichte weitgehend auf Vorschriften zum Schutz des Patienten und schaffe Missbrauchsgefahren. "Weder sieht der Vorschlag eine Begrenzung der Reichweite fuer Patientenverfuegungen vor, noch regelt er zufriedenstellend die Umsetzung von Patientenverfuegung und mutmasslichem Willen. Besonderer Mangel des Entwurfes ist das Fehlen jeglicher Formvorschriften", so Rachel in der Pressemitteilung.

Der Patient sollte vor unueberlegten und zu weitreichenden Verfuegungen geschuetzt sein. Wenn die Entscheidung ueber die lebenserhaltende Massnahme gefaellt werde, sei der Erklaerende meist kaum in der Lage, die Schwere des Eingriffs und seines Leidens sowie seinen Wunsch zu leben im Voraus zu beurteilen. "Der Entwurf uebersieht diese Besonderheit von Vorausverfuegungen, die eine ausserordentliche Vorsicht erfordern", so Rachel weiter. Dies wiege besonders schwer, wenn die Behandlung einer heilbaren Krankheit untersagt wird. Daher habe sich die Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" im Gegensatz zum Zypries-Entwurf fuer eine Einschraenkung auf irreversible und zum Tode fuehrende Grundleiden ausgesprochen.

Rachel kritisierte weiter, dass der Gesetzentwurf der Bundesjustizministerien auf eine zwingende Schriftform fuer Patientenverfuegungen verzichtet. "Dies verkennt die Bedeutung einer lebensbeendenden Nichteinwilligung in eine medizinische Massnahme. Es entsteht ein Wertungswiderspruch zu anderen Formerfordernissen des Buergerlichen Gesetzbuches, das selbst fuer Grundstueckskaeufe und Schenkungen strengere Formen vorsieht. Geht es um Entscheidungen ueber Leben und Tod, sollte der Erklaerende erst Recht vor Uebereilung, Missdeutung und Missbrauch geschuetzt werden", so der CDU-Politiker weiter. Die Schriftform sollte daher unerlaesslich sein. Bedenklich sei zudem die Ausweitung des mutmasslichen Willens. "Unbegrenzt soll ohne vormundschaftsgerichtliche Kontrolle ein vermuteter Wille ausreichen, um lebensnotwendige Massnahmen zu unterlassen. Voraussetzung ist lediglich die Entscheidung eines Bevollmaechtigten oder die des Arztes und des Betreuers", erklaerte Rachel. Dieser Vorschlag offenbare eine gefaehrliche Tendenz: "Die Ansichten und Wertvorstellungen Dritter entscheiden zunehmend ueber lebenserhaltende Massnahmen, nicht mehr der Patient."

Die Bundesjustizministerin habe das Ziel verfehlt, mit dem Gesetzentwurf mehr Rechtssicherheit zu schaffen. "Wir fordern daher eine Nachbesserung, die auch dem Gedanken des Lebensschutzes Rechnung traegt und mit mehr Achtsamkeit mit moeglichen Gefahren des Missbrauchs umgeht", so Rachel.

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