Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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30.09.2004

Patientenverfuegungs-Gesetz gefordert: Enquetekommission legt Zwischenbericht vor

Berlin (ALfA). Die Enquetekommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" hat sich dafuer ausgesprochen, die Verbindlichkeit von Patientenverfuegungen zu staerken. Das teilte der Deutsche Bundestag in einer Mitteilung an die Presse mit (24. September). In dem Zwischenbericht "Patientenverfuegungen", der am 24. September Bundestagspraesident Wolfgang Thierse (SPD) uebergeben wurde, werden konkrete Vorschlaege fuer die gesetzliche Regelungen fuer Patientenverfuegungen vorgestellt. Die Verbindlichkeit von Patientenverfuegungen soll demnach auf Faelle begrenzt sein, in denen der Patient an einer irreversiblen und trotz medizinischer Behandlung nach aerztlicher Erkenntnis zum Tode fuehrenden Krankheit leidet.

Eine grosse Mehrheit der Mitglieder warnt davor, Vorausverfuegungen mit aktuellen Willensaeusserungen gleichzusetzen. Gesunde wuerden den Wert eines Lebens mit eingeschraenkten Entfaltungsmoeglichkeiten oft geringer einschaetzten, als es die Betroffenen selbst tun. Zudem muesse verhindert werden, dass alte und abhaengige Menschen unter sozialen Druck geraten, im Voraus auf weitere Behandlungen zu verzichten, um ihr Sterben zu beschleunigen. Um dem vorzubeugen, will die Kommission die Ueberpruefung und Umsetzung von Patientenverfuegungen in die Hand eines gesetzlich vorgeschrieben "Konsils" legen, das mindestens aus dem behandelnden Arzt, dem gesetzlichen Vertreter, einem Vertreter des Pflegeteams und einem Angehoerigen besteht. Zugleich soll die Entscheidung ueber einen Behandlungsabbruch aber auch in jedem Einzelfall vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden muessen.

Mehrere Kommissionsmitglieder haben ihre abweichende Meinung in Sondervoten zum Ausdruck gebracht. Die Vertreter der FDP haben etwa vor allem die Begrenzung der Reichweite auf Faelle von Krankheit mit Todesfolge als zu weitgehende Einschraenkung des Rechts auf Selbstbestimmung kritisiert.

In einem weiteren Sondervotum uebt Kommissionsmitglied Rainer Beckmann grundsaetzliche Kritik am Instrument der Patientenverfuegung. In einem Beitrag fuer den "Rheinischen Merkur" (Ausgabe vom 23. September) begruendet er seine abweichende Meinung ausfuehrlich. Beckmann erlaeutert, jede gesetzliche Normierung fuehre zu einer Aufwertung von Patientenverfuegungen und verstaerke den Eindruck, dass es sich bei diesem Instrument um den "Koenigsweg" zu einem menschenwuerdigen Sterben handelt. Dabei seien sie mit erheblichen individuellen und gesamtgesellschaftlichen Risiken verbunden, die eine Zurueckhaltung des Gesetzgebers nahe legten. Beckmann weist mit Nachdruck darauf hin, dass Vorausverfuegungen im Vergleich zur aktuellen Entscheidungsfindung weit weniger treffsicher seien. "Ausserdem sind die vielfaeltigen Aengste, die als Motivation hinter einer Patientenverfuegung stehen, nicht unbedingt der beste Ratgeber, wenn es darum geht, den Wunsch nach Unterlassung bestimmter Behandlungsmassnahmen festzuschreiben. Wie "selbstbestimmt" ist denn eine auf Angst vor Leid, Hilflosigkeit und Isolation gegruendete Patientenverfuegung wirklich?", fragt Beckmann im "Rheinischen Merkur". Das Begehren nach einer Abkuerzung der Krankheits- und Sterbephase sei haeufig eher eine Folge unzureichender medizinischer Versorgung und Betreuung als Ausdruck von "Autonomie" und "freier Willensentscheidung".

Darueber hinaus seien Patientenverfuegungen auch immer mit der Gefahr einer schleichenden "Selbstentwertung" alter und kranker Menschen verbunden, da Behandlungsverzichtserklaerungen bestimmte Krankheitszustaende implizit als "nicht lebenswert" und als "vermeidbar" definierten. Zwar solle niemand verpflichtet werden, auf eine Behandlung zu verzichten. "Dennoch wuerde durch eine gesetzliche Normierung der Eindruck vermittelt, dass eine "Abkuerzung" des weiteren Geschehens rechtlich und ethisch billigenswert sei", so Beckmann. Jeder Mensch habe einen Anspruch darauf, menschenwuerdig sterben zu duerfen. "Hierfuer Rahmenbedingungen zu schaffen ist die vorrangige politische Aufgabe. Patientenverfuegungen muessen deshalb nicht geregelt, sondern sollten durch Ausbau der Palliativmedizin und Staerkung der Hospizbewegung ueberfluessig gemacht werden", fordert Beckmann im "Rheinischen Merkur".

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