Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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20.07.2004

"Unakzeptabler Angriff auf die Menschenwuerde": Das Strassburger Urteil in der Kritik

Berlin (ALfA). Die Kritik an der juengsten Entscheidung des Europaeischen Gerichtshofs fuer Menschenrechte in Strassburg (vgl. ALfA-Newsletter vom 9. Juli) reisst nicht ab. Das berichtet "Die Tagespost" (Ausgaben vom 10. Juli und 13. Juli). Das Strassburger Gericht hatte in seinem Urteil vom 8. Juli das Lebensrecht ungeborener Kinder verneint. Die Richter hatten erklaert, die Entscheidung darueber, wann menschliches Leben beginne, liege im Ermessensspielraum der einzelnen Staaten. Artikel 2 der Europaeischen Menschenrechtskonvention schuetze lediglich die Person und beziehe sich nicht auf ungeborene Kinder.

Der Vorsitzende der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Ethik und Recht der modernen Medizin", Rene Roespel (SPD), erklaerte gegenueber der "Tagespost", er halte die Debatte ueber die Trennung von Person und Mensch grundsaetzlich fuer falsch und koenne sie auch nicht nachvollziehen. Wie die Zeitung weiter berichtet, bedauert Roespels Parteifreund Wolfgang Wodarg das Urteil ausdruecklich. Der Richterspruch gebe aber keinen Anlass zu Aenderungen in Deutschland. Man fuehre ja auch nicht die Todesstrafe wieder ein, wenn andere Laender dazu eine andere Rechtsauffassung haetten, so Wodarg.

Als "bedauerlich" bezeichnete laut der Zeitung der CDU-Bioethikexperte Hubert Hueppe das Urteil. Der Richterspruch verdeutliche die Notwendigkeit, auf nationaler Ebene rechtliche Klarheit zu haben. Es werde oft versucht, bei bioethischen Streitfragen auf europaeische oder internationale Standards zu verweisen. Dies bedeute eine Flucht aus der Verantwortung. "Das Urteil zeigt, was dabei herauskommt", zitiert das Blatt Hueppe.

Laut dem CSU-Politiker Ingo Friedrich ist das Urteil "ein voellig unakzeptabler Angriff auf die Menschenwuerde und das Recht auf Leben". In einer Pressemitteilung (9. Juli) erklaerte er, es muesse nicht nur nach deutschem Recht sondern auch nach Gemeinschaftsrecht klar sein, dass dem Menschen als Ebenbild Gottes in allen Stufen seines Lebens ungeteilte Menschenwuerde zukomme. "Dazu gehoert zu allererst das Recht auf Leben", so Friedrich. Deshalb duerfe es keine Auswirkungen haben, ob in den entsprechenden Artikeln der Menschenrechtskonvention oder der Grundrechtcharta von Personen oder von Menschen die Rede ist.

Wie "Die Tagespost" weiter berichtet, hat auch die oesterreichische Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbaende (AKV) scharfe Kritik an dem Urteil geuebt. Der Artikel 2 definiere nicht, was unter dem Begriff Mensch zu verstehen sei, so Josef Zemanek, Praesident der AKV. Daher sei das Urteil die "willkuerliche Fortgestaltung" einer Norm gegen die urspruengliche Absicht des Normsetzers. Richter haetten aber Normen anzuwenden, nicht sie zu setzen. Laut Zemanek ist Entscheidungsgrundlage des Urteils die "subjektive Weltsicht" der Richter gewesen. "Was ist dann Ideologie, wenn nicht dieses Vorgehen?", zitiert "Die Tagespost" den AKV-Praesidenten. Die Richter wuerden sich anmassen, darueber zu entscheiden, welches menschliche Leben erhalten und welches sanktionslos genommen werden koenne. "Es stellt sich hier die Frage, woher sie die Legitimation dafuer nehmen", so Zemanek laut der "Tagespost". "Nur als Zynismus" koenne man es verstehen, wenn die Richter die Klaerung der Frage, welche Rechte Ungeborenen zukommen, als "weder wuenschenswert noch derzeit moeglich" bezeichnen.

Mit Unverstaendnis hat laut der "Tagespost" auch die Bundesvorsitzende der Christdemokraten fuer das Leben (CDL), Mechthild Loehr, auf das Urteil reagiert. Dies sei ein weiteres Skandalurteil des Europaeischen Gerichtshofs, das weder der Rechtslage der Mehrheit der europaeischen Staaten entspreche, noch mit dem deutschen Recht vereinbar sei. Man koenne nur dankbar sein, dass bisher die Entscheidungshoheit fuer die Frage, zu welchem Zeitpunkt an das menschliche Leben zu schuetzen sei, noch bei den einzelnen Mitgliedsstaaten liege, so Loehr.

Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine Frau keinen Schadenersatz einklagen koenne gegen einen Arzt, der ihr ungeborenes Kind im sechsten Schwangerschaftsmonat fahrlaessig getoetet habe. "Wenn man bedenkt, dass heute Aerzte weltweit bemueht sind, Fruehgeborenen ab der 21. Schwangerschaftswoche das Leben ausserhalb des Mutterleibes zu ermoeglichen, ist es unfassbar, dass in diesem Rechtsstreit einem sechs Monate alten ungeborenen Kind das Menschsein da facto aberkannt wird," zitiert "Die Tagespost" Loehr.

Das Urteil sei ein katastrophales Signal fuer das zusammenwachsende Europa. "Es traegt nicht zu der ohnehin schon niedrigen Akzeptanz der EU bei den Menschen bei, wenn Europaeische Gerichte solche Urteile sprechen, die das wichtigste Menschenrecht, naemlich das Recht auf Leben und koerperliche Unversehrtheit, voellig missachten", zitiert das Blatt die CDL-Vorsitzende.

Mechthild Loehr hat laut der "Tagespost" ausdruecklich begruesst, dass der deutsche Richter am Europaeischen Gerichtshof, Georg Ress, in einem Sondervotum deutlich gemacht habe, dass auch das ungeborene Leben durch die Menschenrechtskonvention geschuetzt sei.

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