Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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21.06.2004

"Desinteresse der Regierung": Buechner ueber Abtreibungsgesetzgebung

Koeln (ALfA). Der Vorsitzende der Juristen-Vereinigung Lebensrecht e. V. (JVL), Bernward Buechner, hat die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Union bezueglich der deutschen Abtreibungspraxis scharf kritisiert. In einem in der katholischen Tageszeitung "Die Tagespost" (Ausgabe vom 15. Juni) veroeffentlichten Beitrag schreibt er, die Antwort "offenbart das Desinteresse der Regierung wie des Parlaments, die Auswirkungen der Gesetzesnovelle von 1995 genauer zur Kenntnis zu nehmen." Der geltende Paragraph 218 werde als "gesellschaftlicher Kompromiss" verstanden, an den fast niemand zu ruehren wage. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Beobachtungspflicht auferlegt, um zu ueberpruefen, ob das Gesetz die tatsaechliche Schutzwirkung tatsaechlich entfalte. Dies muesse "in geeigneter Weise" geschehen, "etwa durch periodisch zu erstattende Berichte der Regierung". Solche Berichte seien nie vorgelegt worden, so der fruehere Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Freiburg.

Buechner bemaengelt, dass die Zahlen der Statistik zur Praxis der Abtreibung "undeutlich" seien, teilweise wuerden ueberhaupt keine Statistiken erhoben. So seien selbst Statistiken vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, welche die Verfassungsrichter als "unerlaesslich" bezeichnet haetten, naemlich ueber die relativen Quoten, die sich aus dem Verhaeltnis der Abtreibungszahl zur Gesamtbevoelkerung, zur Zahl der Frauen im gebaerfaehigen Alter, zur Zahl der Schwangerschaften oder der Lebend- und Totgeburten insgesamt errechneten. Damit nicht genug: "Keine Statistik gibt es ferner beispielsweise zu den vorgeburtlichen Toetungen, bei denen eine praenatal diagnostizierte Behinderung oder Schaedigung des Kindes ursaechlich fuer die Stellung einer medizinischen Indikation war", so Buechner. Darueber hinaus wuerde weder die Zahl der Abtreibungen erhoben, fuer die die gesetzlichen Krankenkassen Leistungen gewaehrten, noch die Hoehe der Aufwendungen fuer "beratene" Abtreibungen.

Buechner erlaeutert weiter, dass die Bundesregierung als einzige Begruendung fuer den angeblich fehlenden Handlungsbedarf die absolute Zahl der gemeldeten Abtreibungen nennt, die sich seit 1996 kaum veraendert hat. Dabei lasse sie das hohe Meldedefizit von Abtreibungen, das laut Manfred Spieker bei 55 Prozent liegt, ausser acht. Auch ignoriere sie die unbestreitbare Zunahme der relativen Abtreibungshaeufigkeit.

Weiter behaupte die Bundesregierung "an der Realitaet vorbei", dass eine moegliche Behinderung des ungeborenen Kindes nicht fuer eine Abtreibung ausschlaggebend sei. "Bezueglich der Praxis der Spaetabtreibungen zeigt sich die Regierung uninformiert und an der Gewinnung von Erkenntnissen nicht interessiert", kritisierte der JVL-Vorsitzende. Auch das Problem des Post-Abortion-Syndroms existiere offenbar fuer die Regierung nicht, obwohl zahlreiche Frauen unter den psychischen Spaetfolgen einer Abtreibung schwer litten und ihre Erfahrungen auch dokumentiert haetten.

Der Erfolg eines "Beratungskonzepts" stehe und falle mit dem erhofften Schutzkonzept der vorgesehenen Beratung. "Deshalb muss sich die Beobachtungspflicht selbstverstaendlich vor allem auf die Effektivitaet der Beratung beziehen", so Buechner. Die Bundesregierung beschraenke sich in ihrer Antwort darauf, auf die Zustaendigkeit der Laender zu verweisen und die bundesgesetzliche Regelung zu Inhalt und Aufgabe der Beratung wiederzugeben. Das Bundesverfassungsgericht habe es dagegen fuer erforderlich gehalten, dass die Beratungsstellen in Rechenschaftsberichten regelmaessig die in ihrer Beratung gesammelten Erfahrungen niederlegen. Im geltenden Schwangerschaftskonfliktgesetz sei allerdings nur die Moeglichkeit vorgesehen, "dass sich die zustaendige Landesbehoerde die jaehrlich von den Beratungsstellen zu erstellenden Erfahrungsberichte zum Zweck der Ueberpruefung vorlegen laesst, ob die Voraussetzungen der Anerkennung noch vorliegen", so der JVL-Vorsitzende weiter.

Buechner fordert den Bundestag auf, "alle ihm zur Verfuegung stehenden Erkenntnismoeglichkeiten zu nutzen, um sich von der Effektivitaet der gesetzlichen Beratung ein vollstaendiges und zuverlaessiges Bild zu verschaffen."

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