Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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14.06.2004

Zahlreiche Maengel ausgemacht: Die Empfehlungen im Spiegel der Kritik

Berlin (ALfA). Bei dem Praesidenten der Bundesaerztekammer (BAEK), Unionspolitikern sowie Vertretern der Hospizbewegung stiessen die Ergebnisse der Arbeitsgruppe "Patientenautonomie am Lebensende" unterdessen auf scharfe Kritik. So zitiert etwa die "Aerzte Zeitung" (Online-Ausgabe vom 11.06) BAEK-Praesident Joerg-Dietrich Hoppe mit den Worten: "Dadurch wird die bisher klare Absage an eine Toetung auf Verlangen unnoetig abgeschwaecht". Hauptkritikpunkt von Hoppe sei, dass der Rahmen fuer zulaessige Sterbehilfe im Strafgesetzbuch ueberhaupt thematisiert werden soll. "So wird der Anschein erweckt, hier handele es sich um eine Form von zulaessiger Toetung auf Verlangen", zitiert das Blatt Hoppe weiter.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hueppe, stellvertretender Vorsitzender der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", kritisierte eine Art Paradigmenwechsel, den er in den Empfehlungen ausgemacht haben will: "Gilt bisher, dass ein einwilligungsunfaehiger Patient mutmasslich mit Massnahmen zur Erhaltung seines Lebens einverstanden ist, es sei denn, er habe einer Massnahme vorher ausdruecklich widersprochen, so dreht der vorliegende Bericht dies um: Nur, wenn eine ausdrueckliche oder mutmassliche Einwilligung festgestellt ist, darf aerztlich gehandelt werden", heisst es in der Erklaerung Hueppes. Als "besonders sensibel" wird von Hueppe auch "die Einbeziehung Minderjaehriger" bezeichnet. "Dies betrifft nicht nur Entscheidungen im direkten Sterbeprozess, sondern auch Massnahmen wie die kuenstliche Ernaehrung. Nach dem Willen der Arbeitsgruppe sollen lebenserhaltende Massnahmen unterbleiben koennen, sofern sich Betreuer und behandelnde Aerzte darueber einig sind, nur bei einem Dissens soll das Vormundschaftsgericht angerufen werden", so der CDU-Politiker weiter. Wie Hoppe so lehnt auch Hueppe die vorgeschlagene Ergaenzung des § 216 StGB ab. Diese seien einmal "unnoetig, weil bei der Schmerzbekaempfung die Inkaufnahme des Risikos einer unbeabsichtigten Lebensverkuerzung bereits heute nicht verboten ist", zum anderen seien sie "aber auch gefaehrlich, weil sie Interpretationsspielraeume eroeffnet, es gebe Ausnahmen vom Toetungsverbot." Hueppe kritisiert, dass die Vorschlaege der Arbeitsgruppe den Vorrang des Lebensschutzes herunterstuften. "Sogar ein beim Suizid anwesender Arzt soll nicht mehr gegen die Selbsttoetung einschreiten duerfen." Zusaetzliche Brisanz erhalte diese Tendenz des Berichtes vor dem Hintergrund der Debatte ueber beschraenkte Ressourcen. Laut Hueppe saehen sich Patienten nun moeglicherweise "sehr rasch einem sublimen Druck durch gesellschaftliche Erwartung und soziales Umfeld" ausgesetzt, "mit ihrer Einwilligung in medizinische Massnahmen zurueckhaltend zu sein".

Kritik wurde auch den Empfehlungen der Arbeitsgruppe hinsichtlich der Patientenverfuegungen laut. So warnte die Sozialwissenschaftlerin Erika Feyerabend vom Verein BioSkop, der seit Jahren die internationale Debatte um Euthanasie und Sterbehilfe kritisch verfolgt, in einer Mitteilung an die Presse: "Wer Patientenverfuegungen rechtsverbindlich macht, erlaubt faktisch, dass Menschen, die sich nicht aeussern koennen, auf vermutetes Verlangen getoetet werden." Denn eine frueher unterschriebene Erklaerung werde einfach als aktueller Sterbewunsch gedeutet. Tatsaechlich koennen einmal hinterlegte Patientenverfuegungen zur Ermittlung des so genannten mutmasslichen Patientenwillens genutzt werden.

Auch der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion in der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", Thomas Rachel kritisierte, dass dem Patienten laut den Vorschlaegen der Arbeitsgruppe die Moeglichkeit gegeben werden soll, "ohne zwingende vorherige Beratung jede denkbare medizinische Massnahme zu untersagen." Dies koenne zur Folge haben, dass Patienten aufgrund eines Irrtums ueber Voraussetzungen und Moeglichkeiten der Medizin eine lebenserhaltende Massnahme untersagten, obwohl in ihrem Zustand eine vollstaendige Heilung moeglich waere. Rachel forderte daher: "Es muss verhindert werden, dass nicht aufgeklaerte Personen unter Umstaenden voreilig oder unfreiwillig zu weitreichende Verfuegungen treffen." Auch dass die Arbeitsgruppe "auf eine zwingende Schriftform fuer eine vorausverfuegte Untersagung einer Massnahme verzichtet", fand Rachels Kritik. Dies staende im Wertungswiderspruch zu anderen Formerfordernissen des Buergerlichen Gesetzbuches, das selbst fuer Grundstueckskaufe und Schenkungen strengere Formen zwingend vorsehe. "Geht es aber um Entscheidungen ueber Leben und Tod, sollte der Erklaerende erst Recht vor Uebereilung, Missdeutung und Missbrauch geschuetzt werden. Das Absehen von der Schriftform stellt daher einen Fehler dar", so Rachel weiter.

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