Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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03.11.2003

"Ist erst ein Loch in der Mauer...": Harsche Kritik und grosses Lob fuer Zypries

Berlin (ALfA). Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat dem im Reagenzglas gezeugten Embryo die Menschenwuerde abgesprochen. Das berichten unter anderem "Die Welt" (Ausgaben vom 30. Oktober und 31. Oktober), "Frankfurter Rundschau" (Ausgaben vom 30. Oktober und 31. Oktober), "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Ausgaben vom 29. Oktober, 30. Oktober und 31. Oktober), "Die Tagespost" (Ausgabe vom 30. Oktober), die "Rheinische Post" (Online-Ausgabe vom 29. Oktober) sowie das Magazin "Stern" (Online-Ausgabe vom 30. Oktober). In einer Grundsatzrede in der Berliner Humboldt-Universitaet vertrat sie die Auffassung, dass der Embryo im Reagenzglas lediglich die Perspektive habe, ein Mensch zu werden. Diese nur abstrakte Moeglichkeit "reicht meines Erachtens fuer die Zuerkennung von Menschenwuerde nicht aus", zitieren die Blaetter die Ministerin. Fuer den kuenstlich erzeugten Embryo solle nicht Artikel 1 des Grundgesetzes gelten, sondern lediglich das in Artikel 2 Absatz 2 festgelegte Recht auf Leben. Dieses lasse "einen Spielraum fuer Abwaegungen mit den Grundrechten der Eltern und Forschern", so Zypries weiter.

Der Vorstoss der Ministerin ist auf harsche Kritik gestossen. Die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA), Claudia Kaminski, erklaerte in einer Mitteilung an die Presse (29. Oktober), die Auffassung von Zypries, in-vitro gezeugten Embryonen komme keine Menschenwuerde zu, widerspreche nicht nur der mehrheitlichen Auffassung der Rechtsgelehrten, sondern auch dem gesunden Menschenverstand. "Wuerde, die zuerkannt, statt anerkannt wird, ist keine", so Kaminski. Es liege auf der Hand, wohin die von Zypries eingeleitete Wende fuehren solle. Auf diese Weise hoffe die Bundesregierung Gesetzen den Weg zu ebnen, die den Verbrauch menschlicher Embryonen gestatteten. "Das deutsche Embryonenschutzgesetz, um das wir von vielen Staaten beneidet werden, ist der Bundesregierung offensichtlich ein Dorn im Auge", sagte Kaminski. Laut einer repraesentativen dimap-Umfrage vom vergangenen Jahr aber hielten 71 Prozent der Deutschen das Embryonenschutzgesetz, das verbietet, Embryonen fuer wissenschaftliche oder medizinische Zwecke zu verwenden, fuer richtig. "Die ALfA fordert die Bundesregierung auf, dies zu respektieren und die Haende vom Embryo zu nehmen", bekraeftigte Kaminski.

Auch zahlreiche Politiker haben Zypries kritisiert. In einer Mitteilung an die Presse (29. Oktober) sagte Hubert Hueppe, CDU-Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", Zypries leiste "den bioethischen Offenbarungseid der Bundesregierung, indem sie menschliche Embryonen grundsaetzlich vom Schutz der Menschenwuerde ausnimmt". Sie stelle sich damit in Widerspruch zum Embryonenschutzgesetz und zum erst im letzten Jahr vom Bundestag beschlossenen Stammzellgesetz. Auch stelle sie sich gegen das Bundesverfassungsgericht, das festgestellt habe: "Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwuerde zu. Es ist nicht entscheidend, ob der Traeger sich dieser Wuerde bewusst ist und sie selbst zu wahren weiss. Die von Anfang an im menschlichen Sein angelegten potentiellen Faehigkeiten genuegen, um die Menschenwuerde zu begruenden." Die Richter haetten betont, dass "menschliches Leben bereits mit der Verschmelzung von Ei und Samenzelle entsteht."

Die Unionsfraktionsvize Maria Boehmer habe heftigen Widerstand gegen die Plaene der Ministerin angekuendigt, heisst es in der katholischen Tageszeitung "Die Tagespost". "Sollte die Bundesregierung beabsichtigen, den grossen Konsens im Bundestag aufzubrechen und die Rechtslage in Deutschland ausgerechnet beim Schutz menschlichen Lebens zu lockern, werden wir uns dem widersetzen", so die CDU-Politikerin.

Die Vorsitzende der Gruenen-Fraktion im Bundestag, Goering-Eckardt, habe sich ablehnend zum Vorstoss der Ministerin geaeussert, so die FAZ. Wenn die Menschenwuerde zum Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei und Samenzelle zur Disposition gestellt werde, dann werde die Menschenwuerde im allgemeinen in Frage gestellt. Daran lasse sich auch mit juristischen Winkelzuegen nichts aendern. Laut der "Tagespost" hat ihre Parteifreundin Christa Nickels die Rede der Ministerin als "klaren Durchbruch" gewertet. Sie sei sehr besorgt ueber diesen Vorstoss, der inhaltlich ganz auf der Linie verschiedenster Aeusserungen aus dem Wirtschafts- und Forschungsministerium sowie des Kanzleramts liege. Gegen die Rechtsauffassung der Ministerin sei energischer Widerspruch gefragt. "Das ist der Anfang von der Aufloesung des Menschenbildes", zitiert das Blatt die Politikerin. Menschenwuerde sei absolut und nicht abwaegbar.

Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg hat die Bundesjustizministerin kritisiert. Ohne erkennbaren Druck von Forscherseite habe sie "die Menschenwuerde relativiert und damit die Durchlaessigkeit der bestehenden Gesetzgebung erhoeht", so Wodarg in der "Frankfurter Rundschau".

Bei der FDP dagegen seien die Aeusserungen der Ministerin auf Zustimmung gestossen, heisst es in der FAZ. Die Vorsitzende des Forschungsausschusses im Bundestag, Ulrike Flach, habe unterstrichen, die biopolitische Wende sei ihr eine Genugtuung. Endlich habe das Justizressort eine vernuenftige Haltung zum Embryonenschutz eingenommen. Allerdings stosse das Nein der Ministerin zur PID und zum therapeutischen Klonen in der FDP auf Unverstaendnis. Flach habe die Position Zypries als strategisch gedeutet, so die Zeitung weiter. Sie wolle nicht in allen Bereichen der Biopolitik sofort den Konflikt suchen. "Das ist ein edler Versuch, aber er wird ihr nicht gelingen. Doch wenn erst einmal ein Loch in der Mauer ist, werden auch die anderen Steine fallen", zitiert die FAZ die FDP-Politikerin.

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