Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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14.07.2003

Reaktionen: "Inakzeptabel", "verheerend", "skandaloes", "ein guter Tag fuer Europa"

Bruessel (ALfA). Die Entscheidung der EU-Kommission zur Forschung an embryonalen Stammzellen ist in Deutschland auf breite Kritik gestossen. Das berichtet unter anderen "Die Welt" (Ausgabe vom 11. Juli). Die Bundesregierung will laut der Zeitungsmeldung die beschlossene Regelung im EU-Ministerrat noch kippen. Es sei beispiellos, dass die Kommission Projekte unterstuetzten wolle, die gegen das geltende Recht in einzelnen EU-Staaten verstosse, gibt das Blatt Wolf-Michael Catenhusen, Staatssekretaer im Bundesforschungsministerium, wieder. Deutschland werde gemeinsam mit Oesterreich seine Position vorbringen. Potentielle Verbuendete seien auch Italien, Spanien, Portugal und Irland.

Die bayerische Staatsregierung will nach Angaben der "Welt" mit einer Bundesratsinitiative gegen die Bruesseler Bestrebungen vorgehen. Gesundheitsminister Eberhard Sinner (CSU) halte die Foerderung der verbrauchenden Embryonenforschung fuer "ethisch nicht vertretbar". Bei Embryonen handele es sich um menschliches Leben. "Jede Toetung oder die Bereitstellung fuer Forschungszwecke widersprechen allen ethischen Grundsaetzen", zitiert das Blatt den Politiker. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Maria Boehmer, habe den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Stichtag als "nicht akzeptabel" bezeichnet. "Ein Stichtag zur Herstellung von Embryonen steht im Widerspruch zu der entscheidenden Forderung Deutschlands, keine verbrauchende Embryonenforschung zu foerdern." Tausende Embryonen seien schon vor dem vorgeschlagenen Stichtag produziert worden. Allein in Frankreich lagerten 70.000 bis 80.000 Embryonen in den Kuehlhaeusern. "Weit mehr duerften es in Belgien und Grossbritannien sein. Diese waeren alle fuer die Toetung freigegeben", zitiert das Blatt Boehmer. Gleichzeitig habe der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Bosbach davor gewarnt, das deutsche Gesetz zu lockern. Notfalls muesse Deutschland Konflikte mit der EU in Kauf nehmen.

Der Vorsitzende der Enquetekommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", Rene Roespel (SPD), haette es laut der "Welt" fuer die beste Loesung gehalten, die Regelung der Stammzellforschung den einzelnen Mitgliedstaaten zu ueberlassen. Wenn allerdings eine Stichtagsregelung eingefuehrt werde, sollte sie sich nicht wie von der EU-Kommission beschlossen auf die vorhandenen Embryonen, sondern wie in Deutschland auf die bereits existierenden Zelllinien beziehen.

Der CDU-Politiker und stellvertretende Vorsitzende der Enquete-Kommission, Hubert Hueppe, bezeichnete in einer Mitteilung an die Presse die Entscheidung der EU-Kommission als ein "verheerendes Signal". Die Kommission verkenne, dass ihr in diesem sensiblen Bereich der Bioethik, der Strafrecht und Verfassungsgrundsaetze von Mitgliedstaaten beruehre, keine Richtlinienkompetenz zustehe. Der Beschluss sei nicht hinnehmbar. "Die Kommissionsentscheidung belastet das Zusammenwachsen Europas und schuert Befuerchtungen, dass auch in Zukunft Einigung nur auf dem niedrigsten ethischen Niveau stattfinden koennte", so der CDU-Politiker.

"Dieser Vorschlag der EU-Kommission darf so nicht angenommen werden", fordert auch der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der groessten Fraktion im Europaeischen Parlament, der CDU-Politiker Peter Liese. Einen Stichtag fuer Embryonen festzulegen, sei eine "Taeuschung" und kein Zugestaendnis an die Kritiker der Forschung an embryonalen Stammzellen. "Jedes Beispiel hinkt, aber man kann die Position der EU-Kommission damit vergleichen, dass man entscheidet, Menschen, die vor einem bestimmten Stichtag geboren wurden zum Zwecke der Gewinnung von Organen zu toeten, Menschen, die nach diesem Stichtag geboren wurden, jedoch nicht."

Auch die Bundesaerztekammer hat die Plaene der EU-Kommission scharf kritisiert. Das meldet die "Deutsche Presseagentur" (dpa) (9. Juli). Die Absicht, die Gewinnung von Stammzellen aus menschlichen Embryonen finanziell zu foerdern, sei skandaloes. "Hier werden die ethischen Bedenken gegen eine Forschung, die menschliches Leben verbraucht, voellig ignoriert", habe die Aerztekammer erklaert. Auch wuerden "leichtfertig unrealistische Heilsversprechungen" mit der embryonalen Stammzellforschung verbunden. Gegenueber der "Katholischen Nachrichtenagentur" (KNA) sagte der stellvertretende Hauptgeschaeftsfuehrer der Bundesaerztekammer, Otmar Kloiber, das einzige, was mit dem Thema embryonale Stammzellen erfolgreich behandelt worden sei, seien die Boersenkurse der beteiligten Firmen.

Zufrieden mit der Entscheidung der EU-Kommission hat sich dagegen die CDU-Politikerin Katherina Reiche gezeigt. "Heute ist ein guter Tag fuer die Forschung in Europa", teilte sie der Presse mit. Mit dieser Entscheidung sei den europaeischen Forschern der Ruecken gestaerkt und die Chancen im Kampf gegen schwerwiegende Krankheiten erhoeht worden. "Es ist ein Gebot des Lebensschutzes und der Menschenwuerde, die medizinische Forschung nach Kraeften zu unterstuetzen", so Reiche. In Deutschland muesse akzeptiert werden, dass in Europa unterschiedliche rechtliche, ethisch moralische und religioese Auffassungen im Umgang mit Embryonen existierten. Ethik muesse immer offen sein fuer das Neue, Fremde und Selbstkritische.

Auch der CDU-Europapolitiker Peter Hintze begruesste die Entscheidung als "richtig und klug". Zugleich forderte er eine Aufhebung des deutschen Stammzellgesetzes, das mit seiner festen Stichtagsregelung ethisch und verfassungsrechtlich "zumindest problematisch" sei. Im Deutschlandfunk nannte es Hintze ein Gebot der Menschenwuerde, befruchtete Eizellen, die nicht zur Fortpflanzung genutzt wuerden, zur Stammzellforschung freizugeben.

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