Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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27.05.2008

Beschlossen: Großbritannien erlaubt Herstellung von Chimaeren für Stammzellforschung und "Retter-Kinder"

London (ALfA). Nach einer kontroversen Debatte hat das britische Unterhaus in London am 19. Mai eine Novellierung des Embryonenschutzgesetzes beschlossen. Demnach ist Forschern kuenftig die Herstellung von Mensch-Tier-Mischlebewesen, so genannten Hybriden und Chimaeren, durch Klonen erlaubt. Ein Antrag fuer ein generelles Verbot von Chimaeren wurde mit 336 zu 176 Stimmen abgelehnt. Auch Premierminister Gordon Brown habe sich zuvor nachdruecklich fuer die Ausweitung der gesetzlichen Grundlagen zur Stammzellenforschung ausgesprochen. Britische Kirchenoberhaeupter hatten dagegen scharfe Kritik geuebt. Mit der Herstellung von Chimaeren wollen die Forscher den Mangel an menschlichen weiblichen Eizellen fuer die Stammzellforschung umgehen. Bei dem Verfahren wird das Erbgut eines Menschen, beispielsweise aus einer Hautzelle, in die entkernte Eizelle eines Tieres, z.B. einer Kuh, mittels des Dolly-Klonverfahrens eingebracht. Die so entstandenen Embryonen bestehen zu 99,9 Prozent aus menschlichem und 0,1 Prozent aus tierischem Erbgut. Laut dem Beschluss duerfen diese Embryonen jedoch nur maximal 14 Tage am Leben gehalten werden. Ebenso ist es verboten, diese Misch-Embryonen einer Frau in die Gebaermutter einzupflanzen. Mit der neuen Regelung baut Grossbritannien seine bisherige Position als eines der weltweit liberalsten Laender in der Stammzellenforschung weiter aus.

Des weiteren ist in Grossbritannien kuenftig die Herstellung von "Retter-Geschwistern" erlaubt, so genannte "Saviour Siblings", d.h. Kinder, die einem kranken aelteren Geschwisterkind fuer die Behandlung notwendige Stammzellen liefern sollen. Dabei werden im Reagenzglas Eizellen der Mutter mit den Spermien des Vaters befruchtet. Anschliessend wird mittels Praeimplantationsdiagnostik (PID) der Embryo mit der groessten genetischen Uebereinstimmung mit dem erkrankten Kind ausgewaehlt und der Frau eingepflanzt. Nach der Geburt soll dann mit den Stammzellen aus dem Nabelschnurblut oder dem Knochenmark des Neugeborenen dem kranken Geschwisterkind geholfen werden. Im Rahmen der Gesetzesnovellierung wurde auch die Zulassung der kuenstlichen Befruchtung bei homosexuellen Paaren beschlossen.

"Menschenverachtende Auswuechse"

Scharfe Kritik an den Beschluessen uebte die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA), Dr. med. Claudia Kaminski. "Mit der Entscheidung des Parlaments haben die menschenverachtenden Auswuechse in der humanen Stammzellforschung eine neue Dimension erreicht. Die ALfA fordert Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) auf, dafuer zu sorgen, dass die skandaloese Chimaeren-Forschung unter keinen Umstaenden mit Mitteln aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm gefoerdert wird und erwartet, dass die Bundesregierung alles daransetzt, eine diesbezuegliche Klarstellung zu erwirken", erklaerte Kaminski in einer Pressemitteilung vom 20. Mai. Sowohl in Deutschland, als auch in OEsterreich, Italien und Frankreich sei die Erzeugung von Chimaeren verboten. "Es ist schlimm genug, dass mittels IVF erzeugte Menschen fuer die Forschung getoetet werden. Unter keinen Umstaenden darf nun mit den Geldern von deutschen Steuerzahlern eine Forschung gefoerdert werden, die manipulierte Menschen ausschliesslich erzeugt, um sie anschliessend verbrauchen zu koennen", forderte die ALfA-Bundesvorsitzende.

Auch der Europa-Abgeordnete und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der groessten Fraktion im Europaeischen Parlament (EVP-ED), Dr. Peter Liese, uebte scharfe Kritik an der Biopolitik in Grossbritannien. "Das neue britische Embryonen-Klongesetz ist wissenschaftlich unsinnig und ethisch unverantwortbar", erklaerte Liese in einer Pressemitteilung vom 20 Mai. Die Herstellung von embryonalen Stammzellen durch Klonen sei ein Irrweg. Er verwies darauf, dass sich in den letzten Jahren gezeigt habe, dass die Therapie mit adulten, aus dem Koerper gewonnenen Stammzellen und die Reprogrammierung erwachsener Zellen den Patienten wirklich helfen koennen, waehrend bei der embryonalen Stammzellforschung keine zaehlbaren Erfolge zu verzeichnen seien. Die Einbringung von tierischem Erbgut in die Zellen verkompliziere zudem die bestehenden Probleme. Es sei auch nicht troestlich, dass vorgeschrieben ist, die Mensch-Tier-Mischlebewesen nach kurzer Zeit zu zerstoeren und nicht heranwachsen zu lassen. "Wenn die Technik zur Herstellung von Mischlebewesen einmal erforscht ist, wird es auch fuer verwirrte Forscher leichter sein, diese Mischlebewesen auswachsen zu lassen. In den USA wurde schon darueber diskutiert, Mischlebewesen weiterwachsen zu lassen, um Organe heranzuzuechten", warnte der Arzt und Abgeordnete.

Die Herstellung von "Designer-Babys" zur Rettung kranker Geschwister haelt Liese fuer einen Verstoss gegen die Menschenwuerde. "Jeder Mensch hat eine eigene Wuerde. Wenn ein Kind nur zu dem Zweck kuenstlich hergestellt wird, weil ein Geschwisterkind z.B. Knochenmark braucht, so widerspricht das diesem Prinzip. Welche Auswirkungen wird es auf das Zusammenleben in der Familie haben, wenn die Heilung trotz aller Bemuehungen nicht funktioniert? Dies wird in vielen Faellen der Fall sein", verdeutlichte Liese die Problematik. Diejenigen, die in Deutschland fuer die Lockerung des Embryonenschutzgesetzes eintreten und Grossbritannien immer wieder als Beispiel anfuehren, muessten sich fragen lassen, ob sie auch die neuesten Auswuechse als den richtigen Weg ansehen.

Die FDP nutzte die Debatte in Grossbritannien, um in einer Pressemitteilung vom 20. Mai ihre Forderung nach einer Freigabe der Praeimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland zu erneuern. So solle mittels PID auch bei uns Hilfe durch ein so genanntes "rettendes Geschwisterkind" bei sonst unheilbaren Krankheiten ermoeglicht werden. Die FDP hatte bereits mehrfach die medizinische Zulassung der PID unter strengen Kontrollen und ethischen Gesichtspunkten gefordert, war jedoch bislang immer am Widerstand der anderen Fraktionen gescheitert. Die aktuellen Vorstoesse auf dem Gebiet der Stammzellenforschung in Grossbritannien stuenden in der deutschen Wissenschaft derzeit jedoch nicht zur Debatte. Daher beduerfe es in Deutschland auch keiner Gesetzesaenderung, teilte die FDP, die sich in der Stammzellen-Debatte vehement fuer freies Forschen einsetzt, mit.


Weitere Informationen:

Bis zur Schmerzgrenze
Von Matthias Thibaut
In Grossbritannnien duerfen Gentechniker kuenftig Embryonen aus menschlichem Erbgut und Eizellen von Tieren herstellen. Damit hat sich die Wissenschaft gegen alle Bedenken durchgesetzt. Doch die Erfolgsaussichten der Forschung sind umstritten.
HANDELSBLATT.COM 21.05.08
http://www.handelsblatt.com/News/Technologie/Forsc hung-Innovation/_pv/_p/203116/_t/ft/_b/1432763/def ault.aspx/bis-zur-schmerzgrenze.html

Fragwuerdiger Fortschritt: Britische Wissenschaftler schaffen Mensch-Tier-Mischembryonen zur Stammzellgewinnung ALfA-Newsletter 13/08 vom 05.04.2008 http://www.alfa-ev.de/aktuelles/archiv-anzeige/bro wse/2/article/alfa-newsletter-1308-vom-05042008/?t x_ttnews%5BbackPid%5D=20&cHash=757dff708b

Geschwister als Ersatzteil-Lieferanten
Von Nina Bublitz
Eltern mit einem schwerkranken Kind koennen per kuenstlicher Befruchtung ein Geschwisterkind zeugen und auswaehlen, das sich als Zell- und Organspender eignet. Dafuer stimmten die britischen Abgeordneten nach einer hitzigen Debatte im Parlament. Glueck fuer die Kranken - oder eine Horrorvision?
STERN.DE 20.05.08
http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/:K%FCnstli che-Befruchtung-Geschwister-Ersatzteil-Lieferanten /620951.html

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