Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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08.03.2008

Gesetzliche Regelung der Patientenverfuegung: Erster Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht

Berlin (ALfA). Nach laengerer Pause kommt auch in die Debatte ueber eine gesetzliche Reglung von Patientenverfuegungen wieder Bewegung. Am 6. Maerz haben die Abgeordneten Joachim Stuenker (SPD), Michael Kauch (FDP), Dr. Luc Jochimsen (Die Linke) und Jerzy Montag (Buendnis 90/Die Gruenen) einen gemeinsamen fraktionsuebergreifenden Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht. Der Entwurf sieht keine Reichweitenbegrenzung vor und betont das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Der Text basiert auf einer Vorlage des Bundesjustizministeriums und wurde bereits im Juni letzten Jahres oeffentlich vorgestellt, eine formelle Einbringung war damals fuer Ende der Sommerpause 2007 angekuendigt worden. Mittlerweile traegt das endgueltige Papier die Unterschrift von 205 Abgeordneten aller Parteien, u.a. von Justizministerin Brigitte Zypries und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, beide SPD.

In einer gemeinsamen Presseerklaerung vom 6. Maerz betonten die vier Abgeordneten, wer das Selbstbestimmungsrecht ernst nehme, muesse dem Patienten fuer jede Krankheitsphase das Recht zuerkennen, ueber Einleitung und Abbruch einer lebenserhaltenden Massnahme selbst zu entscheiden. Der Gesetzentwurf differenziere daher nicht nach Art und Stadium der Erkrankung. Diese Position entspreche auch der des Nationalen Ethikrates und der Bundesaerztekammer. Der eingebrachte Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass konkrete und situationsbezogene Behandlungsfestlegungen in einer Patientenverfuegung bindend sind, dass der Patientenwille in allen Stadien einer Erkrankung beachtet wird und dass das Vormundschaftsgericht nur bei Zweifeln ueber den Patientenwillen oder Missbrauchsverdacht eingeschaltet werden muss. Wichtig sei aber auch, dass die Anwendbarkeit einer im Voraus verfassten Verfuegung daraufhin ueberprueft wird, ob sie dem aktuellen Willen entspricht. Aeussert der Patient Lebenswillen, so soll eine auf Nichteinleitung oder Behandlungsabbruch gerichtete fruehere Verfuegung nicht wirksam sein.

Die Bundesaerztekammer uebte unterdessen erneut deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf. Eine solche detaillierte gesetzliche Regelung von Patientenverfuegungen werde "der Individualitaet des Sterbens nicht gerecht und laeuft Gefahr, einen fragwuerdigen Automatismus am Ende des Lebens zu erzeugen", sagte Bundesaerztekammer-Praesident Joerg-Dietrich Hoppe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) laut Pressemitteilung der BundesAerztekammer am 6. Maerz. Es stelle sich die Frage, inwieweit ueberhaupt eine gesetzliche Regelung notwendig sei. Hoppe betonte, schon nach geltendem Recht sei die Patientenverfuegung zur kuenftigen Behandlung im Fall der eigenen Einwilligungsunfaehigkeit grundsaetzlich verbindlich, soweit das Dokument nicht rechtlich Verbotenes wie zum Beispiel aktive Sterbehilfe verlange. Der Aerztepraesident verwies darauf, dass die Bundesaerztekammer bereits heute vor der Abfassung einer Patientenverfuegung auf jeden Fall ein aerztliches Beratungsgespraech empfehle. Es gehe um wichtige medizinische Fachkenntnisse. Eine Patientenverfuegung solle stets mit Blick auf konkrete Situationen und Massnahmen formuliert werden.

Ausser dem jetzt in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf kursieren seit Mitte letzten Jahres zwei weitere Entwuerfe zur Regelung von Patientenverfuegungen, die beide massgeblich aus den Reihen der Union stammen. Ein Entwurf der Abgeordneten Hans Georg Faust (CDU) und Wolfgang Zoeller (CSU) sieht vor, dass Verfuegungen zwar in jedem Fall verbindlich sein sollen, Arzt und Betreuer aber in jedem Einzelfall pruefen muessen, ob der schriftlich fixierte Wille mit dem aktuellen Zustand des nicht aeusserungsfaehigen Patienten uebereinstimmt. Ein weiterer Gesetzentwurf der Gruppe Wolfgang Bosbach (CDU/CSU), René Roespel (SPD), Josef Winkler (Buendnis 90 / Die Gruenen) und Otto Fricke (FDP) sieht dagegen eine Reichweitenbeschraenkung auf unumkehrbar toedliche Faelle vor. Beide Entwuerfe wurden jedoch noch nicht offiziell eingebracht. Am 29. Maerz letzten Jahres gab es im Deutschen Bundestag bereits eine dreieinhalbstuendige Auftaktdebatte ueber die gesetzliche Regelung von Patientenverfuegungen (siehe ALfA-Newsletter 12/07 vom 30.03.2007). Nun sollen die Abgeordneten Medienberichten zufolge erneut voraussichtlich nach Ostern aber noch vor der Sommerpause ueber das Thema debattieren, um bald zu einer Entscheidung zu kommen.


Weitere Informationen:

Entwurf eines 3. Gesetzes zur Aenderung des Betreuungsrechts Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stuenker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jerzy Montag u.a.
46 Seiten, 06.03.2008 im PDF-Format
http://www.baek.de/specialdownloads/GE_Stuenker_u_ a_Patientenverfuegung_endgueltig.pdf

ALfA-Newsletter 12/07 vom 30.03.2007
Sternstunden im Parlament: Auftaktdebatte ueber gesetzliche Regelung von Patientenverfuegungen
http://www.alfa-ev.de/aktuelles/archiv-anzeige/bro wse/5/article/alfa-newsletter-1207-vom-30032007/?t x_ttnews%5BbackPid%5D=22&cHash=450b1f6bb3

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