Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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12.12.2007

Katholische Kirche, Deutsche Evangelische Allianz und evangelischer Landesbischof July gegen CDU-Beschluss zur Stammzellforschung

Steeb: Menschenrechte gibt es nur brutto

M a i n z / H a n n o v e r (idea) – Der Beschluss des CDU-Bundesparteitags, den Stichtag für den Import embryonaler Stammzellen zu verlegen, ist auf heftige Kritik katholischer Bischöfe sowie der Deutschen Evangelischen Allianz gestoßen. Bisher ist in Deutschland nur eine Forschung an embryonalen Stammzellen möglich, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden. Nach dem Willen der Parteitagsmehrheit soll der Stichtag nun verlegt werden, um der Wissenschaft „frischere“ Stammzellen zur Verfügung stellen zu können. Bei den Forschungen, mit denen man Behandlungsmethoden für bisher unheilbare Krankheiten entdecken will, wird Leben vernichtet. Der Stichtag soll verhindern, dass Anreize zur Produktion und Tötung menschlicher Embryonen geschaffen werden. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner warf der katholischen Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) Unwahrhaftigkeit und Prinzipienlosigkeit vor. Ihr Engagement für eine Verschiebung des Stichtages sei ein „Missbrauch des Wortes ‚katholisch’ für eine von durchsichtigen Forschungsinteressen motivierte Kampagne“. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann (Mainz), sagte gegenüber der „Rheinischen Post“, es gehe darum, ob man menschliches Leben zu Forschungszwecken töten dürfe. „Und hier sagen wir klar: Nein.“

Parallele zur Nazi-Zeit

Ähnlich äußerten sich seine Amtsbrüder: Bischof Heinz Josef Algermissen (Fulda) sprach von einem „Skandal“ und sieht im Ja zur Verschiebung des Stichtages einen Widerspruch zum christlichen Menschenbild, wie es die CDU auf demselben Parteitag in ihr neues Grundsatzprogramm geschrieben hat. Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart, zeigte sich enttäuscht, dass gerade die CDU christliche Grundsätze aufgebe. In der Zeitung „Sonntag aktuell“ zog er Parallelen zum Dritten Reich. Während der Nazizeit seien in Deutschland Menschenversuche gemacht worden mit der Begründung, man könne damit die Heilungschancen anderer Menschen verbessern. Zu diesem Zwecke sei in Auschwitz an Menschen experimentiert worden. Der für die Kontakte zur Bundesregierung zuständige katholische Prälat Karl Jüsten (Berlin) sieht im neuen CDU-Grundsatzprogramm ein „abnehmendes Bekenntnis zur Kirche“.

EKD: Verschiebung muss einmalig bleiben

Die EKD hält indessen daran fest, dass eine Verschiebung des Stichtages unter strengen Voraussetzungen möglich sein muss. Pressesprecher Christof Vetter (Hannover) erinnerte an den Beschluss der EKD-Synode vom November in Dresden. Die Synodalen hatten erklärt, sie hielten eine Verschiebung des Stichtags für zulässig, wenn die derzeitige Grundlagenforschung aufgrund der Verunreinigung der älteren Stammzelllinien nicht fortgesetzt werden könne und wenn es sich um eine einmalige Verschiebung handele. Dagegen stellte der württembergische Landesbischof Frank Otfried July (Stuttgart) klar, dass es eine Instrumentalisierung und Verwendung menschlichen Lebens auch im Anfangszustand nicht geben dürfe. Eine Veränderung der Stichtagsregelung öffne die Tür zu immer neuen Anpassungen. Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), sagte, Embryonen dürften als menschliches Leben nicht zu Forschungszwecken missbraucht werden. „Menschenwürde gibt es nur brutto“, betonte er. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß (Lahr) bedauerte die unterschiedlichen Positionen der beiden großen Kirchen. „Es würde uns in der Politik leichter fallen, der versammelten Forschungs-Lobby standzuhalten, wenn die Kirchen mit einer Stimme sprechen würden“, sagte er.

EAK-Vorsitzender für Verschiebung

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Katherina Reiche, die ehemalige Thüringer Wissenschaftsministerin Dagmar Schipanski und der Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, warben auf dem Parteitag für eine Verschiebung. Ein prominenter Protestant in der CDU machte sich ebenfalls für eine Lockerung stark: Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Forschungsministerium und Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der Union. Er sagte, die Mehrheit der Parteibasis habe deutlich gemacht, dass sie eine einmalige Verschiebung des Stichtages als verantwortlichen Weg betrachte. Er selbst werde im kommenden Jahr im Bundestag für eine solche Verschiebung stimmen.

Knapper Parteitagsbeschluss

Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder (Berlin), sieht in dem Parteitagsbeschluss dagegen keine Vorgabe für die Bundestagsfraktion. „Das ist eine Gewissensfrage; wir haben kein imperatives Mandat“, sagte er dem „Kölner Stadtanzeiger“. Zu den Kritikern einer Stichtagsverschiebung gehören auch die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer, und die stellvertretende rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Julia Klöckner. Der Parteitagsbeschluss war knapp ausgefallen: 323 Delegierte stimmten für eine Verschiebung, 301 dagegen, 10 enthielten sich.



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