Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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08.12.2007

Tagungsbericht: Zehn Jahre Transplantationsgesetz - Erosion der Moral

Bonn (ALfA). Zum 1. Dezember 1997 trat das Transplantationsgesetz in Kraft. Anlaesslich des zehnten Jahrestages des Gesetzes veranstaltete der Verein "Kritische Aufklaerung ueber Organtransplantation KAO e.V." am 1. Dezember ein oeffentliches Podiumsgespraech im Haus der Evangelischen Kirche in Bonn, um Bilanz zu ziehen. Geladen waren Angehoerige von Organspendern, Mediziner und Sachverstaendige, die sich bei der damaligen Bundestagsanhoerung vor Verabschiedung des Gesetzes kritisch geaeussert hatten, sowie alle am Thema Interessierten.

Fazit: Auch 10 Jahre spaeter steht die Frage, wann der Mensch wirklich tot ist, im Mittelpunkt der Kritik. Ist ein Mensch tot, wenn das Gehirn ausfaellt, wie es im Transplantationsgesetz mit dem Hirntod-Kriterium fuer eine Organentnahme festgelegt ist, oder erst, wenn Herzschlag und Atmung aufgehoert haben? Ist ein Organspender unmittelbar vor der Organentnahme eine Leiche oder ein Lebender ohne messbare Hirnfunktion? Die Einhellige Haltung der Tagungsteilnehmer war dabei: "Der Hirntod ist nicht der Tod des Menschen." Die KAO strebt daher eine Gesetzesreform an und plaediert fuer die enge Zustimmungsregelung. Das heisst, nur erklaerten Spendern sollen Organe entnommen werden, Angehoerige sollen dies nicht entscheiden duerfen. Zudem forderte KAO eine umfassende ehrliche Aufklaerung, was bei einer Organentnahme nach dem Hirntodkriterium geschieht. Die bisherigen Kampagnen, z. B. der Deutschen Stiftung Organtransplantation DSO, seien einseitig nur auf die positiven Aspekte der Organspende ausgelegt.

Gleich zu Beginn der Tagung erlaeuterte Dr. Paolo Bavastro, Internist und Kardiologe aus Stuttgart, in seinem Vortrag "Menschen im Hirnversagen sind Sterbende" ausfuehrlich die Kritik am Hirntodkonzept. Anschliessend berichteten Renate Focke, Gisela Meyer und Renate Greinert aus der Sicht der betroffenen Angehoerigen von "Organspendern" ueber ihre Erfahrungen mit der Transplantationsmedizin. Sie forderten eine Staerkung der Palliativmedizin und der Hospizbewegung. Der Mensch habe das Anrecht auf einen ungestoerten Sterbeprozess, der fuer ihn und die Angehoerigen "lebenswichtig" sei. Die Hospizbewegung stelle die Frage: "Was braucht dieser sterbende Mensch?" Die Transplantationsmedizin aber frage: "Was brauchen wir von diesem Sterbenden?". Sie wendeten sich damit gegen die These des Neurologen Dr. Martin Klein, der zuvor erklaerte, die Organentnahme zum Zwecke der Organspende solle nach Feststellung des Hirntodes ohne weiteres moeglich sein, auch ohne "enge" oder "erweiterte" Zustimmungsloesung, denn die Rettung eines Menschenlebens habe Vorrang vor "Pietaetspflichten gegenueber Hirntoten."

In einem grundlegenden Vortrag ueber das Menschenbild in der modernen Medizin beklagte Prof. Dr. Linus Geisler, Internist und Sachverstaendiger fuer bioethische Zeitfragen aus Gladbeck, die "Erosion des Transplantationsgesetzes". Die Extremmedizin, die die Heilung im Koerper eines anderen suche, stehe unter dem "Odium der Systemtragik", wenn sie dem Menschen ein Weiterleben verspreche. Denn schliesslich koenne sie die Sterblichkeit nicht ueberwinden. Auch sei der behauptete "Organmangel" jeglicher Manipulation zugaenglich. Die Psychoanalytikerin und Sachbuchautorin Elisabeth Wellendorf berichtete von Wesensveraenderungen und Schuldgefuehlen gerade bei jungen Transplantierten. "Wenn einer auf der Warteliste steht, gibt es nur eines: Durchhalten. Sterben als Alternative darf gar nicht mehr gedacht werden", erklaerte Wellendorf.

Erika Feyerabend, Journalistin und Geschaeftsfuehrerin von BioSkop e.V., Essen, und Richard Fuchs, Sachbuchautor, befanden in ihren Vortraegen, aus dem "Gabentausch der Organspende" werde immer mehr ein kommerzialisierter "Warentausch". Sie beklagten die voellige Intransparenz der Organverteilung sowie die weitere Kommerzialisierung durch das Gewebegesetz. Mit Hilfe der im Prinzip kostenlos zur Verfuegung gestellten Organe habe sich ein Milliardenmarkt etabliert. Zum Schluss berichtete die Fernsehjournalistin Silvia Matthies in ihrem Vortrag davon, wie die Beteiligten - Mediziner und Programmverantwortliche - eine freie kritische Berichterstattung seit den achtziger Jahren immer wieder behinderten, so dass man sich jetzt daran gewoehnt habe, fast nur noch unkritisch positive Sendungen zu erleben.


Weitere Informationen:

Kritische Aufklaerung ueber Organtransplantation KAO e.V.
http://www.initiative-kao.de/

Kritische Informationen der InteressenGemeinschaften Kritische Bioethik Deutschland zum Thema Organspende, Lebendspende, Transplantation, Hirntod http://www.organspende-aufklaerung.de/


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