Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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01.12.2007

Parteien in der Stammzellen-Debatte: Gewissensfreiheit contra Fraktionszwang

Berlin (ALfA). In der Debatte um eine Novellierung des Stammzellen-Gesetzes scheint es innerhalb der einzelnen Parteien immer mehr Bestrebungen zu geben, sich auf einer Linie zu positionieren, ungeachtet der Gewissensfreiheit bei moeglichen Abstimmungen zur Stichtagsregelung im Bundestag. So erklaerte der Sprecher des SPD-Parteivorstandes, Lars Kuehn, in einer Pressemitteilung vom 26. November, das SPD-Praesidium unterstuetze den Vorschlag von Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion, den Stichtag fuer die wissenschaftliche und medizinische Erforschung embryonaler Stammzelllinien einmalig auf den 1. Mai 2007 zu verschieben und mehr Rechtssicherheit fuer deutsche Forscherinnen und Forscher, die international taetig sind, zu schaffen. Dieser Vorschlag entspreche einerseits der ethischen Grundintention des Stammzellkompromisses von 2002 und trage andererseits den Anforderungen der deutschen Forscherinnen und Forscher Rechnung, so der SPD-Parteivorstandssprecher. In einem Statement fuer die Initiative www.deine-stammzellen-heilen.de des Bundesverbands Lebensrecht sprach sich Prof. Dr. Herta Daeubler-Gmelin (SPD), ehemalige Bundesjustizministerin und Vorsitzende des Ausschusses fuer Menschenrechte und Humanitaere Hilfe des Deutschen Bundestages, dagegen fuer den Erhalt des Stichtages aus.

Von Seiten der CDU/CSU erklaerten in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 27. November die forschungspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Ilse Aigner, und der zustaendige Berichterstatter, Eberhard Gienger, trotz aller Erfolge mit Stammzellen aus reprogrammierten Hautzellen (siehe ALfA-Newsletter 44/07 vom 24.11.2007) koenne auf den Einsatz embryonaler humaner Stammzellen als Referenz vorlaeufig nicht verzichtet werden. "Wir setzen uns daher dafuer ein, den so genannten Stichtag im Stammzellgesetz einmalig zu verschieben, so dass deutsche Stammzellforscher sich an der von allen erwuenschten Entwicklung von Alternativen zum Einsatz von embryonalen Stammzellen beteiligen koennen."

Kritik an CDU/CSU-Positionen

Auf diese Aeusserungen reagierten die Christdemokraten fuer das Leben (CDL), eine Lebensrechtsinitiative innerhalb der CDU/CSU und Mitglied im Bundesverband Lebensrecht (BVL) mit scharfer Kritik. "Offensichtlich will die forschungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Aigner, eine Auseinandersetzung ueber die von ihr geforderte Ausweitung der Importe von embryonalen Stammzellen und einen neuen Stichtag auf dem am Sonntag beginnenden CDU-Bundesparteitag erzwingen. Aigner erweckt nicht nur den Eindruck, als habe die CDU/CSU Fraktion in ihrer Mehrheit einen Richtungswechsel hin zur Verschiebung des Stichtages vollzogen, sondern als sei dies nun offizielle Position der CDU/CSU. Beides ist keinesfalls der Fall", erklaerte die Bundesvorsitzende der CDL, Mechthild Loehr, in einer Pressemitteilung vom 27. November. "Sowohl aufgrund frueherer Abstimmungen als auch aufgrund zahlreicher Kontakte in den vergangenen Monaten gehen wir von einer sehr eindeutigen Mehrheit gegen jede Ausweitung der verbrauchenden Embryonenforschung aus. Im Gegenteil hat sich kuerzlich auf dem Deutschlandtag der Jungen Union eine ueberwaeltigende Mehrheit klar gegen einen neuen Stichtag fuer den Stammzellenimport ausgesprochen. Auch der CDU-Kreisparteitag im Ulmer Wahlkreis von Frau Schavan hat mit ueber 90% der Stimmen gegen einen neuen Stichtag votiert", erklaerte Loehr. Auch gebe es weder ethische noch forschungspolitische neue Gruende, die hier einen breiten Richtungswechsel erkennbar oder gar notwendig machen.

Fuer Veraergerung sorgten zudem Presseberichte im Vorfeld des CDU-Bundesparteitags in Hannover. Demnach sollen zwei Antraege des Landesverbandes Oldenburg und des Kreisverbandes Fulda, die sich gegen eine Liberalisierung des Stammzellgesetzes aussprechen, gar nicht erst auf dem Parteitag behandelt werden, sondern auf Empfehlung der Antragskommission stattdessen an die Fraktion ueberwiesen werden. "Das ist eine Beerdigung dritter Klasse", erklaerte die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA), Dr. med. Claudia Kaminsk, in einer Pressemitteilung vom 30. November. "Wenn das so weiter geht, wird sich die CDU bald zwischen embryonalen Stammzellen und Stammwaehlern entscheiden muessen", warnte Kaminski. Die ALfA-Bundesvorsitzende bezeichnete es, als "schweren Fehler, die eigene Basis derart zu uebergehen". Die ALfA sei zwar eine ueberkonfessionelle und ueberparteiliche Lebensrechtsorganisation, doch seien die Unionswaehler hier traditionell in der Mehrheit. "Und die kochen laengst", so Kaminski weiter. "Wir haben von Absichtserklaerungen inzwischen genug. Da reicht es nicht, wieder einmal zu erklaeren, man wolle sich mit den hohen Abtreibungszahlen, die sich auch aus Spaetabtreibungen ergeben nicht abfinden. Da muessen auch einmal Taten her", machte Kaminski deutlich.
Dass Bundesforschungsministerin Annette Schavan inzwischen auch von Bischoefen und ZdK oeffentlich kritisiert werde, solle der Union zu denken geben. "Wenn ich die Stimmung in der ALfA und den uebrigen Lebensrechtsverbaenden richtig einschaetze, dann wird die Debatte um eine Novellierung des Stammzellgesetzes fuer die Union zu einer Art Nagelprobe. Schon 2002 waren hier viele von der Union schwer enttaeuscht. Eine weitere Liberalisierung koennte des Schlechten auch zuviel sein", erklaerte die ALfA-Bundesvorsitzende, die auch Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht ist, unter dessen Dach sich dreizehn bundesweite agierende Lebensrechtsorganisationen zusammengeschlossen haben.

Unterdessen kuendigte Forschungsministerin Schavan in einem Interview mit dem Magazin Focus am 24. November an, die Foerdermittel fuer die Technik zur Reprogrammierung erwachsener Zellen von derzeit fuenf auf bis zu zehn Millionen Euro jaehrlich zu verdoppeln, damit Forscher zuegig weiterarbeiten koennen. "Deutschland sollte in den naechsten Jahren Motor der adulten Stammzellenforschung sein, wenn es um die Vertiefung der Ergebnisse geht, die jetzt vorliegen", so Schavan. Gleichwohl sprach auch sie sich erneut fuer eine Stichtagsverschiebung aus.


Weitere Informationen

http://www.alfa-ev.de/aktuelles/news-anzeige/artic le/alfa-newsletter-4407-vom-24112007/?tx_ttnews%5B backPid%5D=9&cHash=e00ca6819e
Durchbruch in der Stammzellforschung: Quasi-embryonale Stammzellen aus menschlichen Hautzellen ALfA-Newsletter 44/07 vom 24.11.2007

http://www.deine-stammzellen-heilen.de
Initiative des Bundesverbands Lebensrecht fuer den Erhalt der geltenden Stichtagsregelung und eine Ausweitung der Forschung mit adulten Stammzellen

http://www.stammzellen-debatte.de/
Infoportal der InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland zum Thema embryonale / adulte Stammzellen, therapeutisches / reproduktives Klonen, Nabelschnurblut-Stammzellen

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