Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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28.04.2007

Fragwuerdige Beschluesse: EU-Parlament nimmt in erster Lesung Bericht zu Neuartigen Therapien an

Strassburg (ALfA). Ungeachtet der Proteste hat das Europaeische Parlament am 25. April in erster Lesung mehrheitlich einen Bericht zu neuartigen Therapien angenommen. Es unterstuetzt damit den Vorschlag der Kommission fuer eine Verordnung ueber Gentherapie, Zelltherapie und Tissue Engineering d.h. Gewebeersatztherapie. Dies berichtete der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der groessten Fraktion im Europaeischen Parlament EVP-ED, Dr. Peter Liese, in einer Presseaussendung vom selben Tag.

Demnach nahmen die Abgeordneten nach turbulenten Debatten ein so genanntes "Kompromisspaket" von Kommunisten, Sozialisten und Liberalen an, das sich im Wesentlichen auf geringe technische Veränderen am Kommissionsvorschlag beschraenkte. Wichtige Forderungen nach gemeinsamen ethischen Standards und nach Erleichterungen fuer den Mittelstand wurden von der Mehrheit des Plenums abgelehnt, so Dr. Liese. Insgesamt lagen zu dem Bericht 157 Aendersantraege vor.

"Es ist gut, dass die Verordnung kommt, denn die meisten Technologien sind ethisch nicht umstritten, und wir foerdern mit dieser gemeinsamen europaeischen Zulassung und den vorgesehenen Anreizsystemen wichtige Behandlungsmethoden fuer Patienten. Ich gehe davon aus, dass in den naechsten fuenf bis zehn Jahren keine umstrittenen Praeparate, zum Beispiel auf der Basis von embryonalen Stammzellen oder Mensch-Tier-Mischlebewesen, zugelassen werden", erklaerte Liese. Allerdings sei das Votum des Europaeischen Parlaments nicht wirklich zufriedenstellend. So sei u.a. die Chance verpasst worden, grundlegende ethische Prinzipien fuer ganz Europa zu verankern.

"Es ist klar, dass bei der Frage, wie mit embryonalen Stammzellen umgegangen werden soll, kein Konsens besteht, und dies hat auch jeder akzeptiert. Aber bisher galt als vereinbart, dass Eingriffe in die menschliche Keimbahn in Europa nicht unterstuetzt werden und dass die Kommerzialisierung des menschlichen Koerpers und seiner Teile als solche ausgeschlossen werden muss. Leider hat sich die Mehrheit des Parlaments im Zusammenhang mit dieser Verordnung nicht fuer eine Bekraeftigung dieser Prinzipien aussprechen koennen. Kommissionsvizepraesident Guenther Verheugen behauptet, die Kommerzialisierung des menschlichen Koerpers sei in einem anderen Rechtstext ausreichend geregelt. Wir werden in den naechsten Monaten sehen, ob das wirklich der Fall ist. Man muss Verheugen hier beim Wort nehmen, " erklaerte Liese.

Schaerfere Kritik kam von Hiltrud Breyer MdEP, Buendnis 90/Die Gruenen. Sie nannte den Beschluss einen "Ausverkauf der ethischen Werte". Es sei beschaemend, dass die Abgeordneten das klare Verbot der Kommerzialisierung des menschlichen Koerpers, des Eingriffs in die Keimbahn und der Herstellung von Mensch-Tier-Mischwesen vom Tisch wischen, so Breyer in einer Pressemitteilung. Sie kritisierte insbesondere auch das Vorgehen der Deutschen Vertreter bei den Verhandlungen (Siehe dazu ALfA-Newsletter 15/07 vom 20.04.2007). "Es bleibt zu hoffen, dass andere EU-Mitgliedsstaaten im Rat den Mut haben werden, die heute eingelaeutete bioethische Rutschbahn aufzuhalten und eine Kehrtwende einzulaeuten", erklaerte die Parlamentarierin.

Auch die Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) uebte Kritik an der EU-Entscheidung. Sie bedauerte, dass die Mehrheit des Europaeischen Parlaments auf ethische Klarstellungen verzichtet hat. "Es draengt sich der Verdacht auf, dass der bisherige europaeische Konsens, der hinsichtlich des Verbots der Herstellung so genannter Tier-Mensch-Mischwesen (Chimaeren) sowie von Eingriffen in die menschliche Keimbahn galt, bruechig geworden ist", erklaerte die ALfA-Bundesvorsitzende Dr. med. Claudia Kaminski in einer Pressemitteilung vom 25. April.

"Sollte der EU-Ministerrat die Verordnung in der vom Parlament beschlossenen Form ebenfalls verabschieden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass demnaechst auch in Deutschland Praeparate zugelassen werden muessen, bei deren Herstellung sich Forscher in Deutschland strafbar machten. Das EU-Parlament hat es zumindest versaeumt, in diesen Fragen fuer Rechtssicherheit zu sorgen", so Kaminski weiter. "Ein Skandal ist, dass die Bundesregierung im Vorfeld der Abstimmung versucht hat, Einfluss auf deutsche Abgeordnete zu nehmen und sie zur Zustimmung von Aendersantraegen zu bewegen, die von Kommunisten, Sozialisten und Liberalen eingebracht worden waren", erklaerte Kaminski. Dies lege die Vermutung nahe, dass die Bundesregierung selbst ein Interesse an der nun geschaffenen Rechtsunsicherheit habe.


Weitere Informationen:

Verordnete Schwachstellen
Von Stefan Rehder und Stephan Baier
Europa sei eine Wertegemeinschaft, sagen die europaeischen Sonntagsredner - Doch im Zweifelsfall soll die Europaeische Union "ethische Fragen" ausblenden DIE TAGESPOST 26.04.2007
http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.a sp?ID=31479

ALfA-Newsletter 15/07 vom 20.04.2007: EU-Entscheidung zu Neuartigen Therapien - Bundesregierung will deutsche Bioethik-Gesetze in Bruessel aushebeln http://www.alfa-ev.de/aktuelles/news-anzeige/artic le/alfa-newsletter-1507-vom-20042007/?tx_ttnews%5B backPid%5D=9&cHash=94c1aae3ee

Umfangreiches Themenspecial der InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland zur EU-Debatte ueber eine Verordnung ueber Arzneimittel fuer neuartige Therapien mit Pressespiegel und zahlreichen Dokumenten http://www.kritischebioethik.de/deutschland_news-e u-neuartige-therapien.html

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