Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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29.07.2006

Stimmen zum Ministerratsbeschluss ueber die EU-Foerderung embryonaler Stammzellforschung

Stichtag am Ende?

Berlin (ALfA). Die Bruesseler Entscheidung zur Foerderung der embryonalen Stammzellenforschung mit EU-Geldern wurde kontrovers aufgenommen. Massive Kritik uebte u.a. die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL) und Bundesvorsitzende der ALfA, Dr. Claudia Kaminski, in einer Pressemitteilung vom 25. Juli. "Von einer ethisch vertretbaren Forschung mit humanen Stammzellen ist Europa nach der gestrigen Entscheidung des EU-Ministerrates meilenweit entfernt", sagte Kaminski. Sie widersprach der Auffassung von Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU), dass die gefaellte Entscheidung keine finanziellen Anreize fuer die Toetung von Embryonen zum Zweck der Forschung biete. "Das ist sicher falsch", so Kaminski. "Richtig ist, dass der Akt der Toetung menschlicher Embryonen von der Foerderung ausgenommen wurde. Da jedoch die Forschung mit den durch die Toetung der Embryonen gewonnenen embryonalen Stammzellen kuenftig offiziell gefoerdert werden soll, entstehen selbstverstaendlich Anreize, menschliche Embryonen, die etwa bei der kuenstlichen Befruchtung uebrig bleiben, zu toeten. Wer beschliesst, Schreinereien zu subventionieren, kann hinterher auch nicht behaupten, er schaffe keine finanziellen Anreize zum Abholzen von Baumbestaenden", verdeutlichte die Aerztin.

In dieser Kritik wird Kaminski unterstuetzt vom Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber. In einer Presseerklaerung, ebenfalls vom 25. Juli, fuehrte er aus, dass in Laendern mit entsprechender Gesetzeslage Embryonen zur Gewinnung von neuen Stammzelllinien getoetet und fuer die Forschung mit diesen neuen Stammzelllinien dann EU-Foerdermittel beantragt werden koennten. Die EKD hatte sich in der Vergangenheit in Uebereinstimmung mit der Bundesregierung fuer die Einfuehrung eines festen Stichtags fuer die Nutzung existierender embryonaler Stammzelllinien auf EU-Ebene ausgesprochen.

In ihrer Presseerklaerung sagte Dr. Kaminski weiter, sie sei schockiert, was fuer einen geringen Stellenwert menschliches Leben mehrheitlich in den Augen der Forschungsminister Europas hat. „Jeder Mensch hat einmal genauso ausgesehen wie diejenigen Embryonen, die zum Zwecke der Gewinnung von embryonalen Stammzellen getoetet werden muessen. Angesichts der hohen medizinischen Risiken, die mit der embryonalen Stammzellforschung bislang verbunden sind (Krebsrisiko, Abstossungsgefahr, etc.), stelle ich mir die Frage, wen Politiker eigentlich noch alles zu opfern bereit sind, wenn eine Technologie mal echte Erfolge versprechen sollte", so die BVL-Vorsitzende.

Auch die Deutsche Bischofskonferenz uebte in einer Presseerklaerung vom 25. Juli scharfe Kritik. Die in Bruessel getroffene Entscheidung des EU-Ministerrats sei „eine schwere Niederlage fuer den Embryonenschutz in Europa“ und „ein erschuetterndes Zeichen, wie es um den Schutz menschlichen Lebens in Europa steht.“ Lebensrecht und uneingeschraenkter Lebensschutz des Menschen vom Zeitpunkt der Befruchtung an seien nicht umfassend gewaehrleistet. Forschungsinteressen werden in diesen Faellen hoeher bewertet als die Wuerde und das Lebensrecht menschlicher Embryonen. Auch mit deutschen Steuergeldern werde so eine Forschung ermoeglicht, die in Deutschland nach geltender Rechtslage verboten ist und die Toetung menschlichen Lebens voraussetzt. Die Entscheidung sei umso bedauerlicher, als es Alternativen zur Forschung an embryonalen Stammzellen gebe wie die ethisch unproblematische Forschung mit so genannten adulten Stammzellen oder mit Stammzellen aus Nabelschnurblut.

Positiv aeusserten sich dagegen die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft in einer gemeinsamen Stellungnahme am 25. Juli. Beide seien „erleichtert“ ueber die Verabschiedung des EU-Forschungsbudgets fuer die Jahre 2007-2013. Die von der Bundesregierung erwirkte Protokollnotiz zum Verbot der Herstellung embryonaler Stammzellen „entspricht dem Status-quo“. Mit diesem Kompromiss sei eine Situation vermieden worden, die das gesamte Forschungsbudget, und nicht nur die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen, in Frage gestellt haette. „Allerdings bleiben deutsche Wissenschaftler weiterhin benachteiligt, da diese gemaess Stammzellimportgesetz nur mit Stammzelllinien arbeiten duerfen, die vor dem 1.1.2002 hergestellt worden sind“, kritisieren die beiden Organisationen. In der Zwischenzeit seien jedoch zahlreiche Stammzelllinien hergestellt worden, die nicht mehr verunreinigt sind und auch in der klinischen Forschung eingesetzt werden koennten. Sie forderten daher ein Ueberdenken der deutschen Gesetzgebung und die Abschaffung der Strafandrohung fuer deutsche Wissenschaftler, die sich an auslaendischen Forschungsprojekten beteiligen wollen.

Auch Bundestagsvertreter der FDP nutzten die Gunst der Stunde, um - mal wieder - eine AEnderung des Stammzellengesetzes zu fordern. Allen voran Ulrike Flach und Guido Westerwelle.


Weitere Informationen:

Zum Beschluss gab es unzaehlige Medienberichte. Nachfolgend finden Sie einige ausgewaehlte Kommentare und Meldungen wichtiger Zeitungen.

Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck-Gesellschaft zur gestrigen Sondersitzung der EU-Forschungsminister
25.07.06
http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/dokument ation/pressemitteilungen/2006/pressemitteilung2006 07251/index.html

Interview: „Wir handeln nicht unethisch“
International isoliert: Hans Schoeler fordert liberalere Regelungen fuer deutsche Stammzellforscher
TAGESSPIEGEL 25.07.06
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/25.07.2006/26 78159.asp

Schavans Pyrrhussieg
Wie Deutschland bei den Verhandlungen zum 7. EU-Forschungsrahmenprogramm in Bruessel das Gesicht verlor - Heftige Kritik am Kompromiss zur embryonalen Stammzellforschung - "Man muss wissen, wie wichtig einem menschliches Leben ist"
DIE TAGESPOST 27.07.06
http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.a sp?ID=24967

Embryonenforschung: Nicht vermittelbar
Die deutsche Gesetzeslage wird nach dem Beschluss in Bruessel kaum zu halten sein.
Matthias Gierth
Es ist eine bittere Ironie, dass ausgerechnet eine christdemokratisch gefuehrte Regierung in die Annalen eingehen wird, das deutsche Stammzellgesetz zu Fall gebracht zu haben.
Rheinischer Merkur Nr. 30, 27.07.2006
http://www.merkur.de/2006_30_polkom2.14177.0.html? &no_cache=1

Forschungsmittel fuer Transparenz
Die Lage ist delikat: Da fliessen deutsche Steuergelder in den Bruesseler Finanztopf, aus dem Forschungen gefoerdert werden, die in Deutschland verboten sind.
Kommentar von Claudia Ehrenstein
DIE WELT 25.07.06
http://www.welt.de/data/2006/07/25/972094.html

Forschung an der Grenze
Von Hartmut Wewetzer
Ein Forschungsminister, der gegen Forschung ist. So etwas gibt es, zumindest in Deutschland.
TAGESSPIEGEL 24.07.06
Anm.: Dieser Artikel kann und sollte kommentiert werden...
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/24.07.2006/26 75113.asp

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