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02.05.2006

Kein Schadensersatz vom Pflegeheim wegen unterlassener Sterbehilfe

Richtungsweisendes OLG-Urteil

Muenchen / Traunstein (ALfA). Ein Pflegeheim, das sich geweigert hat, einen Wachkoma-Patienten sterben zu lassen, muss keinen Schadenersatz und kein Schmerzensgeld an die Angehoerigen zahlen. Dies hat am 26. April das Oberlandesgericht (OLG) Muenchen entschieden. Es wies damit die Zivilklage der Eltern des Wachkoma-Patienten ab und bestaetigte ein gleich lautendes Urteil des Landgerichts Traunstein, wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ und das „Traunsteiner Tagblatt“ am 26. bzw. 27. April online berichteten.

In dem vorliegenden Fall hatten die Eltern des 2004 gestorbenen Peter K. ihre Klage mit der Weigerung des Heimes begruendet, die kuenstliche Ernaehrung fuer ihren nach einem Selbstmordversuch seit 1998 im Wachkoma gelegenen Sohn abzustellen und ihn sterben zu lassen. Der Vater als Betreuer berief sich dabei auf Jahre zuvor von seinem Sohn klar zum Ausdruck gebrachten muendlichen Willen. Daher hatte der Vater bereits vor dem Tod des Patienten zweimal vergeblich gegen das Heimpersonal auf die gewuenschte Sterbehilfe geklagt. Laut den Medienberichten hatte sich auch das OLG Muenchen damals mit dem Fall befasst und „das Recht der Pflegekraefte auf Beruecksichtigung ihrer Gewissensentscheidung“ betont und hervorgehoben, sie koennten nicht zur Mitwirkung am Tod eines Patienten gezwungen werden. Peter K. starb schliesslich an einem fieberhaften Infekt, den der Hausarzt damals nicht mehr behandelt hatte. Dabei habe es sich nach Angaben der Anwaelte der Familie um eine legale passive Sterbehilfe gehandelt.

In einem mehr als ein Jahr nach dem Tod des Patienten gefaellten Urteil hatte der Bundesgerichtshof laut Anwalt der Familie im Rahmen einer Kostenentscheidung festgestellt, dass die Zwangsernaehrung des Mannes rechtswidrig gewesen sei, da u.a. das Selbstbestimmungsrecht und die Gewissensfreiheit der Pflegekraefte ihre Grenzen am entgegenstehenden Willen des Patienten faenden.

Der Anwalt der Eltern kuendigte den Berichten zufolge Rechtsmittel gegen das juengste OLG-Urteil bezueglich Schadensersatz und Schmerzensgeld an. Nach Ansicht des Rechtsanwalts koennten so endlich noch offene Fragen der Sterbehilfe hoechstrichterlich geklaert werden, wenn der Bundesgerichtshof sich mit dem Fall befasse. Nur darum gehe es den Eltern, nicht um Geld. Sofern ihnen doch noch eine Entschaedigung zugesprochen werde, wollten sie diese fuer Sterbehospize in Bayern spenden. In der Abweisung der Klage erklaerten den Zeitungen zufolge die OLG-Richter auch, sie haetten nicht darueber zu befinden, wie nach heutiger Rechtslage zu entscheiden waere. Vielmehr sei bei ihrem Urteil nur die Rechtslage massgeblich gewesen, wie sie sich den Heim-Verantwortlichen damals dargestellt habe.

Der Gesundheitspolitiker und Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fuer die Belange der Menschen mit Behinderungen, Hubert Hueppe, begruesste unterdessen in einer Pressemitteilung vom 27. April die Abweisung der Schadenersatz-Klage. Es sei absurd, dem Pflegeheim vorzuwerfen, durch zu gute Pflege den Tod des Mannes verhindert zu haben. Der ganze Fall sei nach Ansicht Hueppes „ohnehin merkwuerdig“. Denn waehrend der vorangegangen gerichtlichen Auseinandersetzungen zu Lebzeiten des Patienten habe die Klaegerseite darauf bestanden, den Patienten in der Einrichtung zu lassen, obwohl das Heim die sofortige Beendigung des Pflegevertrages angeboten hatte. Stattdessen sei versucht worden, durch eine Musterklage das Personal zu zwingen, gegen seine ethische Ueberzeugung Hilfe zum Sterben zu leisten.

„Haette die jetzt abgewiesene Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld Erfolg gehabt, so haette sich eine unertraegliche Situation fuer Pflegeheime in ganz Deutschland ergeben: Pflegerinnen und Pfleger wuerden unter dem Damoklesschwert finanziellen Schadenersatzes stehen, wenn sie einen nicht mehr einwilligungsfaehigen Patienten weiter am Leben erhalten, dessen Betreuer die Beendigung von Nahrungs- und Fluessigkeitszufuhr verlangen“, so der Abgeordnete. Nicht zuletzt halte die Entscheidung des OLG Muenchen eine bedrohliche Tuer geschlossen. „Der Rechtsstaat hat Pflegebeduerftige auch vor Interessen von Angehoerigen zu schuetzen, die etwa an der Schonung eines erwarteten Erbes interessiert sind“, betonte er.

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