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02.06.2021
Fortpflanzungsmedizin: „Leopoldina-Vorstoß ein Angriff auf das Lebensrecht“
Vorsitzender der Ärzte für das Leben: Verwertung von Embryonen für die Forschung inakzeptabel
(Idea) Ein Kommentar von Prof. Dr. med. Paul Cullen
Im März 2019 hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina die ausführliche Stellungnahme „Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung“ vorgelegt. Nun folgte mit dem Bericht „Neubewertung des Schutzes von in-vitro-Embryonen in Deutschland“ die Fortsetzung dieser Stellungnahme, diesmal unter Hinzuziehung der Union der (regionalen) Deutschen Akademien der Wissenschaften. Von der argumentativen Grundlage her unterscheiden sich beide Papiere nur graduell. Im neuen Bericht wird wieder das Embryonenschutzgesetz ausgehöhlt, aber dieses Mal, um die Ver- wendung von „überzähligen“ Embryonen, die außerhalb des menschlichen Körpers für Fortpflanzungszwecke erzeugt wurden, für die Forschung zu ermöglichen.
Viele Positionen sind widersprüchlich
Aber die Verfasser weisen auch auf eine Tatsache hin, die tatsächlich ein Problem darstellt: die Widersprüchlichkeit vieler rechtlichen Positionen rund um das Lebens- recht. So führen sie neben der Zulassung von Medikamenten, die die Einnistung des Embryos in die Gebärmutter hemmen („Pille danach“) an, dass das Embryonenschutzgesetz bereits heute das Überleben des durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vollkommen von der Einwilligung der Frau zur Einsetzung abhängig macht und die Weitergabe „überzähliger“ Embryonen an adoptionswillige Dritte nicht fordert. Möchte die Frau diese Einsetzung nicht, und wird der Embryo nicht eingefroren („kryokonserviert“), so wird er verworfen und damit getötet.
Was in Corona-Zeiten Brisanz gewinnt
Auch weisen die Autoren zurecht darauf hin, dass die Einschränkungen des Embryonenschutzgesetzes nicht für auf natürlichem Wege gezeugte Embryonen gelten und auch nicht für solche, die nach der Einnistung in der Gebärmutter entnommen – also abgetrieben – werden. Letzterer Punkt gewinnt in unseren Tagen durch die Verwendung von Impfstoffen gegen Corona Brisanz, die mithilfe von Zelllinien entwickelt oder produziert werden, die gerade aus solchen Föten gewonnen wurden (mehr zu diesem Thema auf der Internetseite der Ärzte für das Leben: idea.de/impfstoffe). Auch zeigen die Autoren die Schwäche der derzeitigen Abtreibungsgesetzgebung. Wie der Nationale Ethikrat und andere 2002 gezeigt haben, ergeben sich aus der Differenzierung „rechtswidrig, aber straffrei“ keine nennenswerten Rechtsfolgen. Aber all diese Argumente könnten genauso gut andersherum gelöst werden: wenn wir den Embryo konsequent schützen wollen, wieso ist die Abtreibung noch ohne Rechtsfolgen, wieso sind Nidationshemmer noch verfügbar, und wieso ist der „Deutsche Mittelweg“ mit der Produktion „überzähliger Embryonen“ in der Reproduktionsmedizin noch gangbar?
Gegen die „Verzweckung“ des Menschen
Müssen wir vor diesem scheinbaren Megatrend des Zeitgeists kapitulieren? Haben wir es hier mit einer Einbahnstraße Richtung Verwertung des Menschen zu tun? Keinesfalls. Gerade in diesen Tagen zeigt die recht erfolgreiche #NoNIPT-Kampagne gegen die Kassenzulassung der nicht-invasiven vorgeburtlichen Gendiagnostik, dass es eine neue Sensibilisierung in der Gesellschaft gegen die Selektion und Diskriminierung von andersartigen Menschen gibt. Ihre Protagonisten teilen mit den Lebensrechtlern ein tiefes Unbehagen der zunehmenden „Verzweckung“ des Menschen gegenüber. Hier zitiert man am besten den Bericht der Akademien: „Teile der feministischen Bewegung haben sich ebenfalls kritisch gegenüber fortpflanzungsmedizinischen Techniken und Embryonenforschung ausgesprochen, zumeist aus Gründen des Schutzes der Frau sowie wegen Bedenken hinsichtlich einer Instrumentalisierung des Embryos in vitro für medizinisch-technische Zwecke.“ Diese Bedenken hegen nicht nur Feministen: Vielleicht ergeben sich aus dieser Entwicklung doch interessante Kooperations-Konstellationen für die Zukunft
Der Autor ist Vorsitzender der Ärzte für das Leben, www.aerzte-fuer-das-leben.de
Quelle: Idea 22/2021, S. 11
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