Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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04.09.2018

Organspende-Gesetzentwurf: „Minister Spahn droht mit Ausstieg aus der Freiwilligkeit der Organspendebereitschaft“

(PM) Für die Christdemokraten für das Leben (CDL) nimmt die
Bundesvorsitzende, Mechthild Löhr, Stellung zu den neuen Vorschlägen:

„Direkt nach der Sommerpause hat der Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn unerwartet zügig seinen Referenten-Gesetzentwurf zur
Verbesserung der Organspende (GZSO) vorgelegt. Damit folgt er
weitestgehend inhaltlich der in der Koalitionsvereinbarung bereits
angekündigten Förderungsabsicht von Transplantationen, geht aber
sofort darüber hinaus. Auch wenn die drohende Einführung der
"Widerspruchslösung" explizit weder im Gesetzentwurf noch im
Koalitionsvertrag steht, soll sie nun eingebracht und
fraktionsübergreifend als "Gewissensentscheidung" möglichst im
breiten Konsens durchgewunken werden. Dies wäre ein fundamentaler und
gefährlicher Richtungswechsel, den die Christdemokraten für das Leben
(CDL) entschlossen ablehnen.

Einerseits will der Gesundheitsminister den Kliniken und Ärzten
deutlich mehr und höhere finanzielle und personelle "Anreizsysteme"
für Organentnahmen bieten. Andererseits aber soll auch gezielt ein
massiver neuer Handlungsdruck aufgebaut werden. Denn bei allen
potentiellen "Spendern", das hieße jedoch dann tatsächlich bei allen
(!) als hirntot deklarierten Patienten, soll lt. Gesetzentwurf
zukünftig ausdrücklich seitens der Klinik begründet werden, warum
dieser Patient jeweils im Einzelfall KEIN Organspender gewesen sei.

Zwei Tage nach der Erstveröffentlichung des Gesetzes setzt dann der
Bundesminister nach und plädiert im völligen Gegensatz zu seiner
früher veröffentlichten eigenen Position und der bisherigen
Programmatik der Unionsparteien für einen weiteren völligen
Paradigmenwechsel. Spahn will (wie überraschend auch die
Bundesärztekammer im Mai 2018) nun hin zu einer Widerspruchslösung
für alle Bürger. Diese würden damit dann – statt aus eigenem
freiwilligen Entschluss zur individuellen Organ-"Spende" –
ausnahmslos alle zu Organ-"Lieferanten" und als solche
ärztlicherseits behandelt und genutzt. Das gefährdete zukünftig vor
allem solche Bürger, die nicht den entsprechenden Wissens- und
Informationsstand haben und sich dementsprechend bisher nicht
explizit gegen einen Tod mit Organspende entschieden haben. Damit
will der Bundesminister die Menschen offensichtlich zu einer sehr
frühen persönlichen Entscheidung zwingen, die diese aus vielen
Motiven bisher selbst nicht treffen wollten oder konnten.

Dieser neue gesundheitspolitische Kurswechsel ist in vielfacher
Hinsicht eine besondere Provokation:

Damit würde sich unser Staat ein generelles Verfügungsrecht über
jeden Bürger zur Fremdnutzung seiner Organe anmaßen, wie es seit
vielen Jahrzehnten in Deutschland zu Recht völlig undenkbar war.
Immerhin haben dank intensivster Werbung seitens der Krankenkassen
und staatlich getragener medizinischer Einrichtungen bereits heute
über 30 % der Bürger freiwillig einen Organspenderausweis, was allein
zeigt, wie überflüssig dieser radikale Vorstoß des
Gesundheitsministers ist. Dass derzeitig bei 1260
Intensivkrankenhäusern, die in Deutschland in der Lage sind, als
hirntot erklärte Patienten bis zur Organtransplantationsoperation am
Leben zu erhalten, nur 797 Organe erfolgreich transplantiert werden
konnten, hat offensichtlich deutlich mehr mit der Organisation des
gesamten Organhandels-Prozesses zu tun, als mit der mangelnden
Bereitschaft der Bürger, selbstlos zum Schluss das eigene Leben auf
dem OP-Tisch von Ärzten beenden zu lassen.

Auch wenn einige kleinere EU- Länder und Spanien bereits eine Form
der Widerspruchsregelung praktizieren, hat sich Deutschland aus guten
Gründen bisher immer dagegen verwahrt, Ansprüche des Staates an Leib
und Leben seiner Bürger einzufordern. Auch persönliches Eigentum
gehört nicht dann umgehend dem Staat, wenn der Sterbende keine andere
Regelung getroffen hat.

Woher nimmt sich ein Parlament das Recht, über die Sterbestunde und
Todesumstände seiner Bürger paternalistisch zu entscheiden, wenn sie
vorher nicht aktiv "widersprochen" haben? Nicht nur bei kirchlichen
Mitgliedern und Instanzen, die die Sterbebegleitung in besonderer
Weise achten und umsetzen, wird das drohende "Diktat" der
Widerspruchsregelung starken Protest auslösen. Es greift die
persönlichen Freiheitsrechte jedes Bürgers gerade am Lebensende und
in einer für die Familie und Nahestehende besonders beklemmenden Lage
an. Sie würden in der schweren Situation, in der sie emotional einem
Sterbenden beistehen wollen, ausnahmslos gezwungen, sich mit der
drohenden Zulassung einer schnellen, drängenden Organtransplantation
zu befassen. Auch in bildungsfernen Schichten und bei Bürgern aus
anderen Kulturräumen dürfte diese neu anvisierte Staatsanmaßung wenig
positive Resonanz auslösen, da viele Menschen erfahrungsgemäß
ohnehin erst in dramatischen Notsituationen mit solchen Fragen
überhaupt erstmals wirklich konkret konfrontiert werden.

Es wäre ein fatales und falsches Signal, das zukünftig jeden kranken
Menschen am Lebensende ganz unmittelbar betreffen würde, wenn die nun
von Minister Spahn neu geforderte "Widerspruchsregelung" tatsächlich
politisch durchgesetzt würde. Alle Bürger würden damit zu
potentiellen Betroffenen. In einer sehr offenen und sicher höchst
kontroversen politischen Auseinandersetzung mußendlich ehrlich über
die zahlreichen ethischen, rechtlichen und medizinischen
Gegenargumente aufgeklärt und gesprochen werden.

Gerade die Unionsparteien sollten sehr vorsichtig sein, diesen nun
geplanten Richtungswechsel hin zur "Vergesellschaftung" der Organe
und der Förderung der zudem extrem teuren Transplantationsmedizin zu
forcieren. Eine "Spende" wäre es ja dann nicht mehr, sondern
vermeintliche "Bürger-Pflicht", der man nur durch klaren Widerspruch
entkommen kann. Denn nicht nur in den Augen ihrer christlichen
Mitglieder- und Wählerschaft läuft dies auf eine indirekte
Entmündigung der Bürger hinaus, die bisher freiwillig und sicher aus
guten Gründen trotz ständiger Appelle nur seltener spenden wollen.
Statt bestehende Regelungen zu verändern und sinnvoller zu gestalten,
werden hier die Bürger insgesamt vom Staat für die Optimierung seiner
Transplantationspolitik in Haftung genommen. Es ist zu hoffen, daß
die mediale und politische Aufmerksamkeit, die dieser unerwartete
Vorstoß ausgerechnet eines CDU-Ministers gesucht und gefunden hat,
jetzt in eine lebhafte "Widerspruchs"-Debatte mündet. Vielleicht
kommt der wachsende Ärger vieler Bürger über die beabsichtigte
"Vergesellschaftung" der Organe doch bei einer Mehrheit des
Parlaments an. Die drohende Widerspruchsregelung werden wir als
Christdemokraten für das Leben (CDL) im Interesse der Achtung von
Freiheit und Selbstbestimmung gerade am Lebensende sehr kritisch und
ablehnend begleiten."

Ergänzende Informationen:
www.cdl-online.net/pm-/644
www.cdl-online.net/organspende-transplantation-hir ntod/151

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