Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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27.10.2008

Debatte um Patientenverfuegungen

Zweiter Gruppenantrag vorgestellt

Berlin (ALfA). In die Debatte um Patientenverfuegungen haben die Abgeordneten Wolfgang Bosbach (CDU/CSU), Katrin Goehring-Eckardt (Buendnis 90/Die Gruenen), René Roespel (SPD) und Otto Fricke (FDP) einen neuen gemeinsamen Gesetzwurf vorgestellt. "Ziel unseres gemeinsamen Gesetzentwurfs ist es, das Selbstbestimmungsrecht und das Patientenwohl auch in Situationen zu staerken, in denen der Patient das Bewusstsein verloren hat und darum keine eigene Entscheidung ueber die Fortsetzung oder den Abbruch einer medizinischen Behandlung mehr treffen kann. Dazu werden die Patientenverfuegung und die Vorsorgevollmacht gesetzlich geregelt", erklaerten die Abgeordneten in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 21. Oktober. Bisher gibt es kein Gesetz, das den Umgang mit einer solchen Patientenverfuegung regelt.

Der neue Gesetzentwurf zur Verankerung der Patientenverfuegung im Betreuungsrecht sieht ein Zwei-Stufen-Konzept vor. In einer Patientenverfuegung getroffene Anordnungen ueber Art und Umfang der Behandlung sind demnach nach Verlust der Einwilligungsfaehigkeit grundsaetzlich verbindlich. Auch der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung kann unabhaengig vom Stadium der Erkrankung in einer notariell beurkundeten Patientenverfuegung verbindlich angeordnet werden, der eine umfassende aerztliche Beratung vorausgeht. Eine solche Patientenverfuegung muss alle fuenf Jahre bestaetigt werden. In einer einfachen Patientenverfuegung, ohne vorherige Beratung und Beurkundung, ist die Anordnung eines Behandlungsabbruchs nur verbindlich, wenn eine unheilbare, toedlich verlaufende Krankheit oder ein Fall endgueltigen Bewusstseinsverlusts vorliegt.

Anders als der vor der Sommerpause von einer anderen Gruppe von Abgeordneten im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf lehnt dieser Entwurf eine Pflicht zum Abbruch lebenserhaltender Behandlungen unabhaengig vom Stadium einer Erkrankung ab, wenn der Patientenverfuegung keine aerztliche Beratung vorausgeht. "Lebensschutz und aerztliche Sorge fuer das Patientenwohl werden gewahrt durch die aerztliche und notarielle Aufklaerung vor der Errichtung einer qualifizierten Patientenverfuegung bzw. bei einfachen Patientenverfuegungen ohne Beratung durch die Beschraenkung der Verbindlichkeit auf bestimmte Krankheitsstadien", so die Initiatoren. Der Gesetzentwurf soll nun im November den Abgeordneten vorgestellt und dann als fraktionsuebergreifender Gruppenantrag im Bundestag eingebracht werden. Bislang wird er von etwa 50 Abgeordneten unterstuetzt.

Am 26. Juni diesen Jahres hat der Deutsche Bundestag bereits in erster Lesung ueber einen ersten fraktionsuebergreifenden Gesetzentwurf zur Regelung von Patientenverfuegungen beraten (siehe ALfA-Newsletter 25/08 vom 28.06.2008). Verfasst wurde der Gesetzentwurf federfuehrend vom SPD-Rechtsexperten Joachim Stuenker sowie von Michael Kauch (FDP), Dr. Luc Jochimsen (Die Linke) und Jerzy Montag (Buendnis 90/Die Gruenen). Der eingebrachte Gesetzentwurf betont ebenfalls das Selbstbestimmungsrecht des Patienten sieht jedoch vor, dass die vorab verfasste Willenserklaerung eines Patienten grundsaetzlich verbindlich sein soll, unabhaengig von Art und Stadium der Erkrankung. Nur bei Zweifeln ueber den Patientenwillen oder Missbrauchsverdacht soll das Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden. Aeussert der Patient Lebenswillen, so soll eine auf Nichteinleitung oder Behandlungsabbruch gerichtete fruehere Verfuegung nicht wirksam sein.

Gemischte Reaktionen zum zweiten Gesetzentwurf

Die Deutsche Hospiz Stiftung begruesste in einer Presseerklaerung den nun vorgelegten zweiten Gesetzentwurf um Bosbach als "einen grossen Schritt in die richtige Richtung". Besonders positiv sei, dass Beratungsgespraechen ein hoher Stellenwert eingeraeumt werde. Dennoch gebe es noch einiges nachzuarbeiten, so z.B in Bezug auf die notarielle Beglaubigung und die damit fuer die Patienten verbundenen Kosten. Nachbesserungsbedarf bestehe auch bei der Ermittlung des mutmasslichen Willens. Fuer den Fall, dass keine bzw. keine valide Patientenverfuegung vorliegt, nennt der Entwurf konkrete Anhaltspunkte fuer den mutmasslichen Willen. Das sei begruessenswert. Was hingegen fehle, sei ein eindeutiges Verfahren, das vorschreibt, wer dazu zu befragen ist, erklaerte der Geschaeftsfuehrer der Deutschen Hospiz Stiftung Eugen Brysch. Seine Organisation habe dazu bereits eindeutige Vorschlaege gemacht.

Auch der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) und die Deutsche Gesellschaft fuer Palliativmedizin (DGP) begruessten in einer Pressemitteilung vom 22. Oktober, dass mit diesem Gesetzentwurf die Reichweite fuer Patientenverfuegungen gegenueber der urspruenglich vorgesehenen Fassung erweitert wurde. Allerdings sehen beide Organisationen in den nach diesem Gesetz notwendig werdenden Voraussetzungen, insbesondere der in fuenfjaehrigem Abstand fuer einen grossen Teil der Patientenverfuegungen notwendig werdenden notariellen Beurkundung, grosse Huerden fuer Menschen, die eine Patientenverfuegung verfassen moechten. Diese werden nach Meinung des DHPV und der DGP dem Anliegen der Buergerinnen und Buerger, besonders aelteren Menschen, nicht gerecht. Eine gesetzliche Regelung zu Patientenverfuegungen solle sich daran orientieren, ob in Grenzsituationen der Dialog aller an der Entscheidungsfindung Beteiligten gefoerdert wird.

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