Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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21.09.2008

Debatte um Spaetabtreibungen: Vorsichtige Signale aus SPD- und FDP-Bundestagsfraktion fuer eine Einigung

Berliner Manifest - Grußworte zum 1000 Kreuze Marsch

Berlin (ALfA). Die Unionsfraktion hat die Einbringung eines urspruenglich fuer Mitte September vorgesehenen Gruppenantrags in den Deutschen Bundestag kurzfristig verschoben. Grund dafuer ist Medienberichten zufolge, dass die SPD-Fraktion nun offenbar doch Diskussionsbereitschaft signalisiert habe und auch aus der FDP-Fraktion Unterstuetzung angekuendigt wurde.

Wie bereits Anfang Juli angekuendigt und von der Aerzteschaft begruesst, wollte die Union nach der Sommerpause einen eigenen Antrag fuer eine Ergaenzung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes einbringen (Siehe ALfA-Newsletter 27/08 vom 12.07.2008), nachdem zuvor in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner SPD keine Einigung erzielt werden konnte. Initiator des Gruppenantrags ist der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johannes Singhammer, CSU. Die bestehende Regelung zum Schwangerschaftsabbruch nach so genannter "medizinischer Indikation" ist nicht fristgebunden und erlaubt vorgeburtliche Kindstoetungen auch dann noch, wenn das Kind ausserhalb des Mutterleibes lebensfaehig waere. Laut offiziellen Statistiken sind dies ca. 200 Faelle pro Jahr, die Dunkelziffer ist Kritikern zufolge drei- bis viermal hoeher. Eine Beratungspflicht ist beim spaeten Schwangerschaftsabbruch aus "medizinischer Indikation" im Gegensatz zur so genannten Fristenregelung, bei der innerhalb der ersten zwoelf Wochen der Schwangerschaft eine obligatorische Beratung und auch eine dreitaegige Bedenkzeit zwischen erfolgter Beratung und Durchfuehrung des Schwangerschaftsabbruchs gesetzlich geregelt ist, bisher nicht vorgesehen.

Die neue Gesetzesinitiative sieht eine dreitaegige Frist zwischen Diagnose und Abtreibung sowie eine Beratungspflicht fuer den Arzt vor. Kommt der Arzt dieser Pflicht nicht nach, soll ihm ein Bussgeld von bis zu 10.000 Euro drohen. In frueheren Antragsentwuerfen wollte die Union eine Beratungspflicht auch fuer die Frau einfuehren. Davon sei man mittlerweile abgerueckt, nachdem dies mit der SPD nicht zu machen sei, erklaerte Singhammer in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 16. September. Es habe sich in den vergangenen Verhandlungen herausgestellt, dass der Koalitionspartner unter keinen Umstaenden auch eine Aenderung im Zusammenhang mit dem Paragraphen 218, 218a, 219 Strafgesetzbuch moechte. Deshalb habe sich die Union auf das Schwangerschaftskonfliktgesetz konzentriert. "Wir aendern, wir verbessern ausschliesslich das Schwangerschaftskonfliktgesetz und ich denke, dass wir mit dem Gruppenantrag eine kluge und ausgewogene Loesung jetzt vorlegen koennen", erklaerte Singhammer im Interview.

Nun will die SPD-Fraktion "ergebnisoffen" ueber eine Gesetzesaenderung debattieren, heisst es in einem Bericht der "Welt" vom 18. September. Die SPD-Fraktionsfuehrung habe anders entschieden als ihre Fachpolitikerinnen, die eine geschlossene Ablehnung des Gruppenantrages empfohlen haetten. Denn in der SPD-Fraktion gebe es mehrere Abgeordnete, die auf eine Veraenderung der Rechtslage draengen. Daher wolle man "eine grosse Fraktionsdebatte". Dem Bericht zufolge will die SPD damit in der kommenden Sitzungswoche beginnen und in der darauf folgenden Sitzungswoche, d.h. voraussichtlich am 14. Oktober, eine Entscheidung faellen. Auch die FDP erwaegt offenbar eine Unterstuetzung des Unions-Vorschlages zu Spaetabtreibungen. Wie die forschungspolitische Sprecherin der FDP, Ulrike Flach, gegenueber dem Nachrichtenmagazin "Focus" erklaerte, teile sie im Grundsatz die Ziele der Union und wolle in ihrer Fraktion dafuer werben. Sie glaube sogar, dass dies gar nicht noetig sei, so Flach. Auch andere FDP-Abgeordnete haben bereits frueher ihre Zustimmung signalisiert. Von Seiten der Gruenen bestehe dagegen keine Notwendigkeit einer Gesetzesaenderung. Die bisherigen Regelungen seien ausreichend.

Berliner Manifest zur Toetung ungeborener Kinder in Deutschland

Der Bundesverband Lebensrecht (BVL) hat unterdessen den von Unionsabgeordneten initiierten Antrag zur Vermeidung von Spaetabtreibungen grundsaetzlich als "wichtigen Schritt in die richtige Richtung" begruesst, auch wenn die Forderungen des BVL deutlich weiter gingen. In den kommenden Verhandlungen muesse die Union allerdings dafuer Sorge tragen, dass der neue Antrag "nicht auch noch verwaessert wird", erklaerte die Vorsitzende des BVL, Dr. med. Claudia Kaminski, in einer Pressemitteilung vom 19. September.

Aus Sicht des Bundesverbands Lebensrecht ist der Gesetzentwurf der Unionspolitiker vor allem geeignet, den "toedlichen Automatismus zu durchbrechen", der nach der Diagnose einer Behinderung des ungeborenen Kindes haeufig sofort zu einer vorgeburtlichen Kindstoetung fuehrt. "Wir wissen, dass nicht wenige Aerzte der Schwangeren noch im selben Gespraech, in dem sie der Schwangeren den Befund mitteilen, auch einen Termin fuer die Abtreibung anbieten. Fuer eine ueberlegte Entscheidung bleibt da keine Zeit. Eine Entscheidung, bei der auch die positiven Seiten eines Lebens mit einem behinderten Kind und die grundsaetzliche Machbarkeit in den Blick genommen werden koennten, wuerde durch die Pflicht des Arztes, eine umfassende Beratung anzubieten, sowie die Einfuehrung einer Wartefrist von drei Tagen deutlich beguenstigt", so die BVL-Vorsitzende weiter. Damit erfuelle der Gesetzentwurf zumindest eine der drei vom BVL erhobenen Forderungen (vgl. unten Punkt 2) fuer einen wirksame Eindaemmung von Spaetabtreibungen. Sie sind Bestandteil des "Berliner Manifests", das am 20. September in Berlin, auf der Kundgebung zu Beginn des vom Bundesverband Lebensrecht veranstalteten Schweigemarsches durch die Bundeshauptstadt verlesen wurde. Mit dem Marsch wollen die Lebensrechtler ihre Trauer ueber die rund 1000 ungeborenen Kinder ausdruecken, die in Deutschland an jedem Werktag durch Abtreibungen ihr Leben verlieren.

Der Bundesverband Lebensrecht fordert in dem Manifest eine Psychosoziale Beratung vor Praenataldiagnostik. Hiermit koenne erreicht werden, dass diese nicht mehr im Regelfall erfolgt, sondern auf begruendete Ausnahmefaelle beschraenkt bleibt. Eine solche Beratung koenne dem "Recht auf Nichtwissenwollen" dienen und den Eltern das Risiko einer Praenataldiagnostik vor Augen fuehren. Zweitens fordert der BVL ein verstaerktes Angebot psycho-sozialer Beratung nach Vorliegen eines embryopathischen Befundes ohne Beratungspflicht. Hiermit koenne Eltern geholfen werden, sich auf das Leben mit einem behinderten Kind einzustellen z. B. bei Downsyndrom, Spina bifida. Eine Pflichtberatung bei embryopathischem Befund wuerde jedoch das gescheiterte Beratungssystem unnoetig zementieren, so der BVL. In den Faellen der sozial-medizinischen Indikation muesse der "Schwangerschaftsabbruch" "nach aerztlicher Erkenntnis angezeigt" sein. Die Praxis zeige, dass das Vorliegen eines embryopathischen Befundes allermeist zur Toetung des Ungeborenen auf Wunsch der Schwangeren fuehrt. Diese mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Tendenz wuerde nach Ansicht des BVL durch eine psycho-soziale Pflichtberatung noch zusaetzlich gefoerdert, weil sie zwangslaeufig eine weitere Voraussetzung dafuer waere, dass ein nachfolgender Schwangerschaftsabbruch nach dem Gesetz "nicht rechtswidrig" waere. Die Bescheinigung einer solchen Pflichtberatung waere unbestreitbar ein "Erlaubnisschein" und die Mitwirkung an der Pflichtberatung erst recht eine solche an der Toetung des Kindes. Des weiteren fordert der BVL eine Beschraenkung der Arzthaftung auf Faelle grober Fahrlaessigkeit. Hiermit werde die Gefahr gemindert, dass "Schwangerschaftsabbrueche" zur Vermeidung eines Haftungsrisikos seitens der Aerzte auf Verdacht hin erfolgen.

Unterstuetzung durch die Senioren-Union der CDU Deutschlands

Zum Schweigemarsch des Bundesverbands Lebensrecht "1000 Kreuze fuer das Leben" am Samstag, 20. September, in Berlin hat auch die Senioren-Union der CDU Deutschlands ihre Besorgnis ueber die immer noch ungewoehnlich hohe Abtreibungsrate in der Bundesrepublik Deutschland ausgedrueckt. "Ueber das menschliche Leid hinaus, das mit jeder Abtreibung verbunden ist, ist diese hohe Abtreibungsrate auch ein Zeugnis fuer allgemeines gesellschaftliches Versagen auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung unseres Landes", erklaerte der Bundesvorsitzende der Senioren-Union der CDU Deutschlands, Prof. Dr. Otto Wulff, in einer Pressemitteilung vom 19. September. "Die Senioren-Union wird in allen politischen Gremien, in denen sie Einfluss ausueben kann, unbeugsam und unbeirrt auch weiterhin fuer den Schutz des menschlichen Lebens eintreten", versprach Wulff.


Weitere Informationen

Singhammer: Das Leben mit einem behinderten Kind kann viel Freude machen
Fraktionsuebergreifender Gesetzentwurf soll Spaetabtreibungen verringern
Johannes Singhammer im Gespraech mit Friedbert Meurer
DEUTSCHLANDFUNK 16.09.08
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/8 47275/

"Beratung muss vor der vorgeburtlichen Untersuchung stattfinden"
SPD-Politikerin Humme zum Streit ueber Spaetabtreibung
Christel Humme im Gespraech mit Marcus Pindur
DEUTSCHLANDRADIO 17.09.08
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/8 47835/

Berliner Manifest zur Toetung ungeborener Kinder in Deutschland anlaesslich der Aktion "1000 Kreuze fuer das Leben" am 20. September 2008
http://www.1000kreuze.de/berliner-manifest-2008.ht ml

Spaetabtreibungen: Aerzteschaft hofft auf Konsens im Parlament bei Neuregelungen
ALfA-Newsletter 27/08 vom 12.07.2008
http://www.alfa-ev.de/aktuelles/news-anzeige/brows e/1/article/alfa-newsletter-2708-vom-12072008/?tx_ ttnews%5BbackPid%5D=9&cHash=5ac515dda9

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