Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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17.04.2008

Die nächste Stichtagsdebatte kommt bestimmt

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Kauder: Verhindern, dass alle moralischen Dämme brechen

Am 11. April hat die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag beschlossen, den Stichtag im Stammzellgesetz auf den 1. Mai 2007 zu verschieben. Damit dürfen künftig auch jüngere embryonale Zellen nach Deutschland für die Forschung importiert werden. Bislang galt als Stichtag der 1. Januar 2002. Auch nach der Entscheidung dürfen jedoch in Deutschland keine Embryonen – also Menschen im kleinsten Stadium – für die Herstellung von Stammzellen getötet werden. Im Vorfeld der Entscheidung hatten sowohl Politiker als auch die Kirchen teilweise heftig über die Entscheidung gestritten: Im Mittelpunkt stand dabei auf der einen Seite die Forderung der Wissenschaftler, mit neueren Zellen ihre Arbeiten fortführen zu können. Auf der anderen Seite, so die Kritiker, würde mit einer Verschiebung der Embryonenschutz bedroht. idea-Redakteur Tobias-Benjamin Ottmar sprach kurz nach der Entscheidung mit dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder. Er hatte sich für einen Erhalt der bisherigen Regelung stark gemacht.

idea: Der Bundestag hat mit einem deutlichen Ergebnis die Verschiebung des Stichtags beschlossen. Was sagen Sie zu diesem Ergebnis?

Kauder: Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht und ich bin sicher, dass diese Stichtagsverschiebung nicht die letzte war. Es werden weitere folgen. Dennoch muss man sagen, die Union ist die Partei des Lebensschutzes. Es gibt nirgendwo auf der Welt so viel Lebensschutz wie bei uns, das Embryonenschutzgesetz bleibt. Es werden auch in Deutschland keine Embryonen getötet, um an ihnen zu forschen. Das ist das etwas Tröstliche an einem Ergebnis, das mich nicht zufrieden stellen kann.

Kein Anreiz zur Tötung vom Embryonen

idea: Es gibt aber auch in der Union Politiker, die das Embryonenschutzgesetz ändern wollen.

Kauder: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der CDU/CSU-Fraktion eine Mehrheit dafür geben könnte, das Embryonenschutzgesetz zu beenden. Es hätte auch kaum CDU-Abgeordnete gegeben, die dafür gestimmt hätten, dass Embryonen in Deutschland getötet werden, um daraus embryonale Stammzellen herzustellen. Es soll und wird von dem jetzt beschlossenen Gesetz kein Anreiz zur Tötung von Embryonen ausgehen, weil die ganze Welt mit Stammzellen forscht. Aber: Jeder der Stammzellen herstellt, weiß, dass Deutschland immer die neusten Stammzellen abfragen wird und dafür immer seinen Stichtag verschieben wird.


idea: Sie rechnen schon jetzt mit der nächsten Stichtagsdiskussion. Wann, denken Sie, wird es wieder soweit sein?

Kauder: Ich denke, dass in den nächsten zwei Jahren mit dem Ergebnis gearbeitet werden kann, aber es werden weitere Diskussionen kommen. Heute hat mir am Rande des Plenums ein Forscher gesagt, ich solle mich schon ruhig darauf einstellen, dass die Fragen des therapeutischen Klonens demnächst auch auf uns zukommen. Ich kann deshalb nur sagen, es ist jetzt eine Entscheidung getroffen worden, die nicht meine Entscheidung ist. Aber wir müssen nach wie vor dafür kämpfen, dass nicht alle moralischen Dämme brechen.

Zentrales Thema für Christen

idea: Wie soll das gelingen?

Kauder: Bei den weiteren Diskussionen beispielsweise der Frage des therapeutischen Klonens gibt es in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine klare Position, die lautet: Nein. Dass man jetzt an bestimmten Punkten Grenzen definiert und formuliert, das wird jetzt die Aufgabe von uns sein. Wir müssen auch nach der heutigen Entscheidung das Thema Lebensschutz in der Öffentlichkeit halten, das ist für uns Christen ein zentrales Thema. Da müssen sich auch die Kirchen weiter beteiligen.


Was Bischof Huber bewirkt hat

idea: Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, hat aber für die Stichtagsverschiebung plädiert. Wie viel Einfluss hatte das auf die heutige Entscheidung?

Kauder: Die katholischen Bischöfe waren sehr besorgt darüber, dass in dieser zentralen Frage des Lebensschutzes die evangelische und katholische Kirche nicht einer Meinung waren. Ich glaube schon, dass bei dem einen oder anderen auch in unserer Fraktion die Position von Bischof Huber gewirkt hat.

idea: Beim Antrag von Hubert Hüppe (CDU), der ein vollständiges Importverbot von embryonalen Stammzellen forderte, als auch dem Antrag von Ulrike Flach (FDP), die die Forschung ganz freigeben wollte, haben fast gleich viele Abgeordnete dafür gestimmt. Ist das ein Achtungserfolg der Lebensrechtslobby?

Kauder: Das ist ein schöner Erfolg. Man muss auch sehen, dass beim Antrag Hüppe sich einige, die für die bisherige Regelung waren, sich der Stimme enthalten haben, weil sie nicht alles zurückdrehen wollten. Wenn man alles zusammennimmt, kommt man zu einem noch besseren Ergebnis. Vor allem wurde ja auch bei der dritten Abstimmung über die Stichtagsverschiebung deutlich, dass über 200 Abgeordnete dagegen waren.


Gewissensentscheidungen akzeptieren

idea: Das Thema wird noch weiter in den Parteien brodeln, auch sicherlich in Ihrer. Hat die heutige Entscheidung die Bundesforschungsministern Annette Schavan (CDU) – die ja für die Verschiebung war – eher gestärkt oder ist sie durch die Diskussion im Vorfeld eher geschwächt worden?

Kauder: Es war nie eine Frage der Stärkung oder der Schwächung von Frau Schavan, sondern es ging ausschließlich darum, dass Menschen ihre Gewissensentscheidung dokumentiert haben. Wenn es um eine solche Entscheidung geht, geht es nie um Stärkung oder Schwächung. Ich weiß sehr wohl um die Diskussion, dass solche Entscheidungen auch gewissen Maßstäben unterliegen. Aber in der Politik muss ich die Gewissensentscheidung des anderen akzeptieren, so wie ich das auch bei meiner Position erwarte.

idea: Vielen Dank für das Gespräch.

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