Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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29.10.2007

Eingeknickt: Bundesforschungsministerin Schavan befuerwortet Aenderung der Stichtagsreglung im Stammzellgesetz

Berlin (ALfA). Bundesforschungsministerin Anette Schavan (CDU) ist in der Stammzellendebatte eingeknickt und befuerwortet nun eine Aenderung der Stichtagsregelung. Dies geht aus einem Interview mit der Ministerin in der Online-Ausgabe der Welt vom 19. Oktober hervor. Die Stichtagsregelung im Stammzellengesetz besagt, dass nur embryonale Stammzellen importiert werden duerfen, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. In dem Interview erklaerte Schavan auf die Frage, ob sie an der Stichtagsregelung festhalten wolle: "Ja, allerdings gibt es ein ethisches Dilemma: Bedeutende Forscher der adulten Stammzellenforschung vertreten die Auffassung, dass man das Wissen aus der embryonalen Stammzellenforschung benoetigt, um bei der eigenen Forschungsarbeit vorankommen zu koennen. Vor diesem Hintergrund halte ich eine Verschiebung des Stichtages, solange er in der Vergangenheit liegt und keinen Anreiz fuer den Verbrauch von Embryonen schafft, fuer richtig." Einen Wegfall der Stichtagsregelung schloss sie hingegen aus, da dies Substanz des Gesetzes schaedigen wuerde. "Der Lebensschutz muss der Forschung auch in Zukunft Grenzen setzen. Das ethische Dilemma ist nicht aufloesbar", erklaerte Schavan. Zuvor betonte die Forschungsministerin im Hinblick auf die Konzentration der Forschungsfoerderung auf Alternativen, wie die Forschung mit adulten Stammzellen, diese war und sei richtig. Die Erfolge auf diesem Forschungsgebiet seien "erstaunlich". Bisher hielt sich Schavan in der Frage einer Aenderung der Stichtagsregelung relativ bedeckt, da sie dem Parlament nicht vorgreifen wolle, hiess es in frueheren Berichten.

Kritik an den Bestrebungen einer Aufweichung des Stammzellgesetzes kam u.a. von den Christdemokraten fuer das Leben (CDL), einer Lebensrechtsinitiative innerhalb der CDU, vom Praesidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, sowie von Priska Hinz, forschungspolitische Sprecherin von Buendnis 90 / Die Gruenen. Sie vertraten einhellig die Auffassung, dass eine Verschiebung des Stichtages inakzeptabel sei. Die Junge Union (JU) sprach sich auf einem Deutschlandtag am 20. Oktober in Berlin ebenfalls gegen eine Verschiebung oder Aufhebung der gesetzlichen Stichtagsregelung in der Forschung mit embryonalen Stammzellen aus.

Auch die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL), Dr. med. Claudia Kaminski, uebte scharfe Kritik. "International ist es durchaus umstritten, dass man fuer die erfolgreiche Forschung mit den ethisch unproblematischen adulten Stammzellen auf Ergebnisse der Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen angewiesen ist. Bundesforschungsministerin Annette Schavan wird offenbar schlecht beraten", erklaerte Kaminski in einer Pressemitteilung vom 23. Oktober. Eine Blitzumfrage des BVL unter Forschern, die nicht mit menschlichen embryonalen Stammzellen arbeiten, zeige ein eindeutiges Ergebnis: "Keiner der befragten Wissenschaftler haelt die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen fuer notwendig, um zu besseren Ergebnissen bei der adulten Stammzellforschung zu kommen", so Kaminski. So habe Professor Colin McGuckin von der Universitaet Newcastle, der mit Nabelschnurblutstammzellen forscht, erklaert: "In unserer gesamten zwanzigjaehrigen Forschungstaetigkeit hat kein einziger Aspekt der Forschung mit embryonalen Stammzellen des Menschen zu unserem Verstaendnis von adulten oder Nabelschnurblutstammzellen beigetragen. Es irritiert mich sehr, zu hoeren, dass Forscher, die mit humanen embryonalen Stammzellen arbeiten, dies damit rechtfertigen, ihre Forschung sei notwendig fuer neue adulte Stammzelltherapien. Adulte Stammzelltherapien sind aus sich heraus erfolgreich und beduerfen in keiner Weise der embryonalen Stammzellforschung." McGuckin hatte 2005 internationales Aufsehen erregt, weil es ihm gelang im Nabelschnurblut Stammzellen nachzuweisen, die die vorteilhaften Eigenschaften von adulten und embryonalen Stammzellen in sich vereinigen. "Die so genannten ?cord-blood-derived embryonic-like stem cells? (CBEs), verwandeln sich - wie embryonale Stammzellen - nicht nur in die drei Zelltypen aus denen die rund 200 Gewebetypen des menschlichen Organismus hervorgehen, ihnen fehlt auch das fuer embryonale Stammzellen charakteristische Tumorrisiko", so Kaminski.

"Der Wiener Krebsforscher Lukas Kenner, der als Sachverstaendiger bei der Expertenanhoerung des Deutschen Bundestags im Mai geladen war, haelt zudem Erkenntnisse, die sich mit embryonalen Stammzellen im Tiermodell gewinnen lassen, fuer voellig ausreichend, um bei der bereits ueberaus erfolgreichen adulten Stammzellforschung und -therapie noch weiter voranzukommen", erklaerte die Aerztin. Ein wertvoller Beitrag zu Aufklaerung und Demokratie waere es, so Kaminski, wenn Schavan und Forscher, die an humanen embryonalen Stammzellen arbeiten, transparent machten, welche tatsaechlichen Erkenntnisse man sich fuer die Therapie mit adulten Stammzellen aus der humanen embryonalen Stammzellforschung erhoffe. Um ein Gegengewicht in der Stammzellendebatte zu setzen, hat der BVL im vergangenen Monat das Internet-Portal http://www.deine-stammzellen-heilen.de gestartet. Auf der Webseite werben Prominente aus Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Medien fuer den Erhalt der geltenden Stichtagsregelung und eine Ausweitung der Forschung mit adulten Stammzellen.

Lob gab es fuer die Ministerin dagegen erwartungsgemaess von der FDP-Bundestagsfraktion. Auch innerhalb der SPD gibt es Bestrebungen nach einer Verschiebung des Stichtages. Von den SPD-Abgeordneten Rene Roespel und Joerg Tauss wurde bereits Ende September ein entsprechender Antrag eingebracht. Ein geplanter fraktionsuebergreifender Vorstoss zur Aenderung des Stammzellgesetzes ist unterdessen offenbar kurzfristig gescheitert. Eine fuer den 22. Oktober angesetzte Pressekonferenz zur Vorstellung eines gemeinsamen Antrags, der die Abschaffung der Stichtagsregelung vorsieht, wurde kurzfristig abgesagt. Medienberichten zufolge hiess es, es habe im Unionslager Irritation ueber das gemeinsame Vorgehen der CDU-Forschungspolitikerin Katherina Reiche mit FDP- und SPD-Vertretern zum jetzigen Zeitpunkt gegeben. Wie am 26. Oktober den Nachrichten aus dem Deutschen Bundestag "Heute im Bundestag" zu entnehmen war, hat auch die FDP bereits am 10. Oktober einen Antrag (Drucksache 16/6637 vom 10.10.07) zur Abschaffung der Stichtagsregelung eingebracht (Siehe unten).


Weitere Informationen:

Initiative des Bundesverbands Lebensrecht fuer den Erhalt der geltenden Stichtagsregelung und eine Ausweitung der Forschung mit adulten Stammzellen http://www.deine-stammzellen-heilen.de

Erschreckend kurzsichtig
Von Stefan Rehder
Seit dem 1. Januar 2007 foerdert die Europaeische Union ganz offiziell mit den Steuergeldern der Buerger ihrer Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Stammzellforschung auch solche Forschungsvorhaben, die in zahlreichen Mitgliedstaaten verboten sind. In Deutschland soll das geltende Recht nun der europaeischen Foerderpraxis angepasst werden. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) will deshalb den im deutschen Stammzellgesetz festgeschriebenen Stichtag verlegen und buerdet ihrer Partei damit eine Zerreissprobe auf, die diese am Ende womoeglich die Macht und sie selbst den Job kosten koennte.
DIE TAGESPOST 23.10.07
http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.a sp?ID=35629

Das Stammzellgesetz sorgt fuer neue Aufregung Befuerworter einer umfassenden Liberalisierung des Stammzellgesetzes im Bundestag haben sich zu einem neuen Buendnis zusammengeschlossen.
DIE TAGESPOST 25.10.07
http://www.die-tagespost.com/Archiv/titel_anzeige. asp?ID=35671

Im Bundestag notiert: Abschaffung der Stichtagsregelung im Stammzellgesetz
Berlin: (hib/SKE) Die Abschaffung der Stichtagsregelung im Stammzellgesetz fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (16/6637).
HIB 271/2007 26.10.07 (Dort gibt es auch den Antrag als Download) http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2007/2007_271/ 07.html

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