Symbolfoto, © Sebastian Ständecke, www.pixelquelle.de Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen

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11.04.2008

Bundestag erleichtert Stammzellforschung

Steeb: Schizophrene Entscheidung

B e r l i n (idea) – Der Bundestag hat die Forschung an embryonalen Stammzellen erleichtert. Der Stichtag wurde um gut fünf Jahre vom 1. Januar 2002 auf den 1. Mai 2007 verschoben. Das bedeutet, dass Forscher künftig Zelllinien importieren dürfen, die bis zu diesem Stichtag entstanden sind. Bei der namentlichen Abstimmung am 11. April votierten 346 Abgeordnete für eine einmalige Verschiebung des Stichtags und 228 dagegen; sechs Parlamentarier enthielten sich. Zuvor hatte der Bundestag sowohl ein Verbot der Forschung an embryonalen Stammzellen als auch die völlige Freigabe solcher Forschungsarbeiten abgelehnt. Die Stichtagsregelung soll verhindern, dass Embryonen zu Forschungszwecken produziert und getötet werden. Wissenschaftler erhoffen sich von der Stammzellforschung neue Möglichkeiten zur Heilung schwerer Krankheiten. Bei der Forschung mit embryonalen Stammzellen werden Embryonen – Menschen im Frühstadium – zerstört. Der Bioethik- und Gentechnik-Experte in der Bundestagsfraktion von CDU/CSU, Hubert Hüppe (Berlin), wie auch der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Missfelder (Berlin), hatten sich für ein Totalverbot der Forschung an embryonalen Stammzellen ausgesprochen. Bis heute sei kein einziger Patient dadurch therapiert worden, erklärte Hüppe im Bundestag. „Aber Tausende von Versuchstieren sind an Tumoren gestorben.“ Mit der Verschiebung des Stichtags werde eine Tür geöffnet, „die wir nicht mehr zu bekommen“.
:head_begiin:Kauder: Die nächsten Diskussionen werden kommen
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (Berlin), der für eine Beibehaltung der bisherigen Regelung plädiert hatte, sagte gegenüber idea, er sei sich sicher, „dass diese Stichtagsverschiebung nicht die letzte war“. Spätestens in zwei Jahren werde es neue Diskussionen geben. Die CDU sei jedoch nach wie vor „die Partei des Lebensschutzes“. So gebe es mit ihr weder eine Lockerung des Embryonenschutzgesetzes noch ein Einlenken beim therapeutischen Klonen. „Wir müssen nach der heutigen Entscheidung das Thema Lebensschutz in der Öffentlichkeit halten. Das ist für uns Christen ein zentrales Thema“, sagte Kauder.
Huber: Forschung mit adulten Stammzellen stärken
Eine Verschiebung des Stichtags war im Vorfeld auch im Protestantismus heftig diskutiert worden. Während sich der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang, wie auch sein Stellvertreter, der thüringische Landesbischof Christoph Kähler (Eisenach), für eine einmalige Verschiebung ausgesprochen hatten, hatten acht Landeskirchenleiter sowie der Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Hans-Jörg Voigt (Hannover), eine solche Verschiebung abgelehnt. Dagegen waren auch die Deutsche Evangelische Allianz und die römisch-katholische Kirche. Huber erklärte nach der Entscheidung, Ziel müsse nun sein, die Grundlagenforschung mit embryonalen Stammzellen so schnell wie möglich zu verlassen, um den Schwerpunkt auf die ethisch unbedenkliche Forschung mit adulten (erwachsenen) Stammzellen zu legen. „Menschliche Embryonen dürfen nicht zu Forschungszwecken hergestellt und verbraucht werden“, so Huber. Für die Glaubwürdigkeit der getroffenen Entscheidung sei entscheidend, dass sich Wissenschaft und Politik klar für die Einmaligkeit der Stichtagsverschiebung einsetzten.
Steeb: Wer einmal verschiebt ...
Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), bedauerte die Entscheidung des Bundestags. Sie habe Forschungs- und Wirtschaftsinteressen über den Schutz der Menschenwürde gestellt. Das sei ein weiterer Schritt in Richtung „Ökonomisierung der Gesellschaft“, sagte Steeb gegenüber idea. Wer den Stichtag einmal verschiebe, werde in drei Jahren auch kein Problem damit haben, ihn ein weiteres Mal zu verschieben. Außerdem sei es geradezu schizophren, sich Stammzelllinien, deren Herstellung in Deutschland aus guten Gründen verboten sei, aus dem Ausland zu holen. Einen Grund für das Ergebnis bei der Abstimmung im Bundestag sieht Steeb in der Uneinigkeit führender evangelischer Kirchenvertreter: „Hätten wir Evangelischen in dieser Frage so zusammengestanden wie die katholische Kirche, wäre die Abstimmung vielleicht anders ausgegangen.“
CDL: „Schwarzer Freitag“
Unter christlichen Lebensschützern, die die Abstimmung der Abgeordneten mit Demonstrationen vor dem Reichstag begleitet hatten, stieß das Ergebnis auf Kritik. Die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), Mechthild Löhr, sprach von einem „schwarzen Freitag für den Embryonenschutz“ in Deutschland. Die Entscheidung lade die Forschung dazu ein, den Embryo künftig primär als Stammzelllieferanten zu betrachten. Sollten tatsächlich einmal überraschende Forschungserfolge in Deutschland oder anderswo erzielt werden, werde die Vermarktung von „überzähligen“ Embryonen erst richtig in Schwung kommen. Die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für alle (ALfA), Claudia Kaminski (Köln), erklärte gegenüber idea, die Entscheidung zeige, dass auch die letzten Bastionen des Lebensschutzes in Deutschland gekippt werden sollten. Sie rief Christen dazu auf, zu überprüfen, welcher Abgeordnete in der namentlichen Abstimmung für bzw. gegen eine Verschiebung des Stichtages gestimmt habe. „Daran können sich Christen dann orientieren, ob ein Politiker wählbar ist oder nicht.“

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